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Dienstag, 7. Juli 2015
Samuel Bjoerk: „Engelskalt“ Hörbuch
liva, 13:04h

In einem Wald in der Nähe eines Dorfes unweit von Oslo wird eine Mädchenleiche gefunden. Aufgehängt an einen Baum mit einem Springseil. Am Nagel des kleinen Fingers steht die Zahl 1. Schnell wird klar, dies ist das Werk eines Serienmörders und es werden noch weitere Morde folgen.
Die Kriminalpolizei Oslo ruft augenblicklich eine Sondereinheit zusammen. Bestehend unter anderen aus dem etwas knorrigen Holger Munch, der geschiedene Ehemann, dessen ganze Liebe seiner Enkelin Marion gilt; der jungen Mia Krüger, die ihren Beruf wegen eines früheren Zwischenfalls an den Nagel hängen wollte und sich auf einer einsamen Schäreninsel gerade auf ihren Suizid vorbereitet und der Nerd Gabriel, ein bekannter Hacker, der sich nicht vorstellen konnte einmal für die Polizei zu arbeiten.
Schon bald wird das zweite Mädchen gefunden und auch Nummer drei und vier lassen nicht lange auf sich warten. Allen Opfern gleich ist die Tatsache, dass sie kurz vor der Einschulung stehen, man sie Puppen gleich mit einer Schuluniform bekleidet hat und die Leichen ein Schild um den Hals tragen mit der Aufschrift “ ich reise allein“. Die letzten beiden verschwinden innerhalb weniger Stunden. Als der Täter sich dann bei der Redaktion einer großen Osloer Zeitung meldet, überlässt der den Journalisten eine schwerwiegende Entscheidung.
Und dann wird der Fall plötzlich persönlich. Nicht nur die Familie von Holger Munch, sondern auch Mia Krüger geraten erheblich unter Druck. Die Ereignisse überschlagen sich, an mehreren Orte geschehen Dinge gleichzeitig und die Lage spitzt sich zu. Als Holger Munch schon glaubt, der Kreis schließe sich und bald sei alles vorüber,……..
Dieses Buch ist der Auftakt einer vielversprechenden Krimireihe des norwegischen Autors Samuel Bjoerk. Er führt den Leser ganz behutsam in die Geschichte ein, so wie seine Figuren in den Fall. Man wird Zeuge beim Aufbau einer neuen Ermittlergruppe, deren durchweg sympathischen Mitglieder bald zu einer gut funktionierenden Truppe zusammenwachsen. Jedem Protagonist in diesem Buch steht eine eigene Vita zugrunde, die jeden von ihnen glaubhaft beschreibt. Samuel Bjoerk lässt den Leser ganz dicht heran und macht ihn glauben, einer vom Team zu sein.
Die rasanten Perspektivenwechsel, die sich zum Ende in immer kürzeren Abschnitten finden, schaffen eine unglaubliche Spannung. Man ist mittendrin im Geschehen und glaubt man sich auf der richtigen Fährte, wird man eines Besseren belehrt. Vom ersten Satz an hat mich dieses Buch in Bann gezogen.
Allerdings würde ich jedem statt des Hörbuchs die Lektüre empfehlen, da die Lesart des Synchronsprechers Dietmar Wunder gewöhnungsbedürftig ist. Sie gleicht mehr einem Hörspiel denn einer Vorlesung.
Dieser knallharte Thriller sollte in keinem Urlaubsgepäck fehlen!
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Dienstag, 9. Juni 2015
Drüber gelacht: „ Holger, die Waldfee“
liva, 13:17h
Ach, es ist doch immer wieder herrlich etwas Neues zu entdecken!
So geschehen in einer der vielen Talksendungen im Fernsehen letzte Woche: der junge hessische Poetry Slammer Lars Ruppel spricht über sich, seine Arbeit und den Spaß an Sprache und dem Reimen. Aus zehn bekannten Redensarten hat der Autor heitere Gedichte im Poetrystil geschrieben. Diese wurden in seinem Buch „Holger, die Waldfee“ veröffentlicht.
Als er nun in erwähnter Talk Sendung eines dieser Werke (“Nicht schlecht, Herr Specht“) vorträgt, spürt man deutlich den Spaß und die Freude die Lars Ruppel dabei hat, mit Sprache und Worten zu spielen und zu jonglieren. Denselben Spaß habe ich als Zuhörer empfunden und mich an die spitzbübige Art der Gedichte Heinz Erharts oder Robert Gernhardts erinnert. Ihnen allen scheint Poesie und Lyrik ganz einfach von der Hand zu gehen, sie scheint im täglichen Sprachgebrauch unerlässlich, gar zwingend und notwendig. Diese „Einfachheit des Reimens“ lehrt Lars Ruppel an Schulen und Universitäten, gibt Workshops und ist auf unzähligen Bühnen Deutschlands als Poetry Slammer nicht mehr wegzudenken. Ich selbst habe jetzt zum ersten Mal von ihm gehört, und als jemand, dem Sprache ebenso viel Spaß bereitet, gerne Gedichte liest und auch gutem Humor nicht abgeneigt ist, komme ich einfach nicht mehr umhin, mich mit diesem jungen Genie und seinem Tun zu beschäftigen.
Lars Ruppel hat das Reimen im Blut!
Mehr Infos finden Sie hier:
http://larsruppel.de
https://www.youtube.com/watch?v=rfpXsuO3wNI
So geschehen in einer der vielen Talksendungen im Fernsehen letzte Woche: der junge hessische Poetry Slammer Lars Ruppel spricht über sich, seine Arbeit und den Spaß an Sprache und dem Reimen. Aus zehn bekannten Redensarten hat der Autor heitere Gedichte im Poetrystil geschrieben. Diese wurden in seinem Buch „Holger, die Waldfee“ veröffentlicht.
Als er nun in erwähnter Talk Sendung eines dieser Werke (“Nicht schlecht, Herr Specht“) vorträgt, spürt man deutlich den Spaß und die Freude die Lars Ruppel dabei hat, mit Sprache und Worten zu spielen und zu jonglieren. Denselben Spaß habe ich als Zuhörer empfunden und mich an die spitzbübige Art der Gedichte Heinz Erharts oder Robert Gernhardts erinnert. Ihnen allen scheint Poesie und Lyrik ganz einfach von der Hand zu gehen, sie scheint im täglichen Sprachgebrauch unerlässlich, gar zwingend und notwendig. Diese „Einfachheit des Reimens“ lehrt Lars Ruppel an Schulen und Universitäten, gibt Workshops und ist auf unzähligen Bühnen Deutschlands als Poetry Slammer nicht mehr wegzudenken. Ich selbst habe jetzt zum ersten Mal von ihm gehört, und als jemand, dem Sprache ebenso viel Spaß bereitet, gerne Gedichte liest und auch gutem Humor nicht abgeneigt ist, komme ich einfach nicht mehr umhin, mich mit diesem jungen Genie und seinem Tun zu beschäftigen.
Lars Ruppel hat das Reimen im Blut!
Mehr Infos finden Sie hier:
http://larsruppel.de
https://www.youtube.com/watch?v=rfpXsuO3wNI
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Donnerstag, 28. Mai 2015
Jan Seghers: „Die Sterntaler Verschwörung“
liva, 13:53h

Als Marthaler in der unscheinbaren Unterkunft ankommt, findet er die Leiche der Journalisten. Doch noch bevor er etwas unternehmen kann, kommt ihm ein Kollege des LKA in die Quere. Axel Rotteck erklärt den Fall unmittelbar zur geheimen Landessache. Und weil der bissige Kommissar sich nicht gerne etwas verbieten lässt, ermittelt er ohne Erlaubnis seiner Chefin mithilfe seiner Sekretärin und des Kriminaltechnikers. Was Marthaler zu dieser Zeit noch nicht weiß: er begibt sich mitten in einen Pool politischer Intrigen und Korruption.
Und fast gleichzeitig beobachtet ein junger Mann in einem kleinen Ort in der Nähe von Frankfurt einen Motorradunfall. Am Unglücksort findet er einen Umschlag mit abscheulichen Fotografien nackter Kinder. Als plötzlich ein ortsansässiger Landtagsabgeordneter unter den Verdacht der Kinderpornographie gerät, weiß der junge Mann, dass er selbst in höchster Gefahr schwebt.
Der Frankfurter Schriftsteller Jan Seghers hat einen hochbrisanten Kriminalroman geschrieben, in dem es keinesfalls nur fiktiv zugeht. Die hessischen Leser unter uns werden sich an den umstrittenen Wahlkampf vor der Landtagswahl 2008 gut erinnern können. Der Autor greift hier Korruption und Machenschaften der Politiker auf. Sind die Namen der Figuren im Buch auch verändert, so lassen sich klar und deutlich Personen der Parteien darin zuordnen und erkennen. Die Intrigen und Manipulationen, die an höherer Stelle nicht unüblich sind, werden hier im Detail aufgezeigt und sollten zum Nachdenken anregen.
Der Leser begibt sich mitten in die akribische Polizeiarbeit der Ermittler, „arbeitet“ sozusagen mit im Team, sodass jeder Schritt leicht und klar nachzuvollziehen ist. Die einfache pragmatische Sprache lässt einen ganz auf den Inhalt konzentrieren und die Spannung der Geschichte steigt von Seite zu Seite.
Mehr zum Autor und seiner Werke hier im Blog:
http://buchlesetipp.blogger.de/stories/2364150
http://buchlesetipp.blogger.de/stories/2198248
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Dienstag, 28. April 2015
Stephan Thome: „Gegenspiel“ Hörbuch
liva, 13:45h

In Stephan Thomes neuem Roman treffen wir die Protagonisten aus dem vorangegangenen Buch“ Fliehkräfte“ wieder: das Ehepaar Hartmut und Maria. In diesem widmete der Autor seine Aufmerksamkeit Hartmut. Dem zurückgelassenen Mann, dessen Frau sich nach langjähriger Ehe aus beruflichen Gründen für eine Fernbeziehung entscheidet. In „Gegenspiel“ lässt er nun Maria zu Wort kommen. Aus ihrer Sicht wird erzählt, wie sie in den siebziger Jahren ihr Heimatland Portugal und ihre streng katholische Familie verlässt. Eine Heimat, in der politische Unruhen nicht enden wollen. Schließlich geht sie nach Berlin und somit in ein Land, das keine Studiengebühren erhebt und in dem es für eine junge Frau möglich ist, sich selbstständig und unabhängig zu entwickeln.
Nach den wilden achtziger Jahren in der geteilten Stadt, in der sie den Grundstein ihrer beruflichen Zukunft legt, lernt Maria den egozentrischen Theaterregisseur Falk kennen, der auch später in ihrem Leben wieder eine Rolle spielen wird. Ihre angestrebte Unabhängigkeit verliert sie, als sie etwas später vom Freund einer Bekannten, Hartmut, schwanger wird und mit ihm ins Ruhrgebiet zieht. Überfordert mit dem frühen Muttersein flüchtet sie in eine kurze aber heftige Affäre. Als die Tochter erwachsen und Maria beruflich wieder auf eigenen Füßen steht, droht ihre Ehe zu zerrütten. Denn eines versäumen Maria und Hartmut in ihrer jahrzehntelangen Ehe: miteinander zu reden.
Das Buch beginnt mit einem handfesten Ehestreit, den sicher jeder, der in einer längeren Beziehung lebt, nachvollziehen kann. Augenscheinlich geht es um alltägliche Kleinigkeiten, in Wahrheit geht es um alles. Stephan Thome scheint zu wissen wovon er redet. Er weiß sich sprachlich auszudrücken, wählt immer die richtigen Worte und kann sich mühelos in die Seele einer Frau einfinden. Ein genialer Schachzug des Autors ist, eine ganz normale Liebes- und Lebensgeschichte zweier Menschen von beiden Seiten zu beleuchten. Wie im richtigen Leben, in dem jede Medaille ihre zwei Seiten hat.
Trotz einer deprimierenden und frustrierenden Geschichte, teilweise langatmigen Gesprächen der Figuren und des Umherspringen in den verschiedenen Zeitebenen ist es Stephan Thome ein zweites Mal gelungen, mich in seinen Bann zu ziehen. Das gelungene Vorlesen der Schauspielerin Claudia Michelsen ist ein weiterer Pluspunkt dieses Hörbuches.
Rezension „Fliehkräfte“:
http://buchlesetipp.blogger.de/stories/2241690
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Donnerstag, 9. April 2015
Tana French: „Geheimer Ort“
liva, 13:59h

Ein Jahr später wird der Fall neu aufgerollt. Neue Beweismittel in Form einer Karte mit der Aufschrift „ich weiß wer Chris Harper getötet hat“ sind aufgetaucht. Der junge ehrgeizige Detective Stephen Moran, bisher abgeschoben in die Abteilung „Ungelöste Fälle“, sieht hier seine Chance ins Morddezernat befördert zu werden. Ausgerechnet der umstrittenen Kollegin Antoinette Conway wird er unterstellt und muss ihr sich selbst und sein Können beweisen. Gewisse Umstände erfordern, dass beiden lediglich ein einziger Tag zur Aufklärung zur Verfügung steht.
Im Internat angekommen stehen sie ungewohnten Herausforderungen gegenüber. Acht junge Mädchen aus zwei verfeindeten Cliquen müssen befragt werden. Allesamt pubertierende, zickende Gören aus reichem Hause, die für sich lügen, sich gegenseitig schützen, intrigieren und so die Ermittler scheinbar an der Nase herum führen. Die zähen Befragungen, die auch dem Leser einiges an Geduld abverlangen, ergeben Steinchen für Steinchen ein Mosaik, dessen Bild erst spät im Buch vollständig erkennbar wird.
Diese Geschichte wird regelmäßig von einem zweiten Erzählstrang unterbrochen, in dem geschildert wird “was wirklich geschah“, die Zeit vor und nach dem Tod von Chris Harper.
Tana French überzeichnet ihre Figuren in Charakter und Sprache. Das voll-mega-echt-hallo?- Gerede der verwöhnten Teenager, sowie die gewollt proletenhafte Ausdrucksweise der Polizisten sind manchmal schwer zu ertragen. Auch die übertrieben pathetischen Beschreibungen unbedeutender Vorkommnisse lassen mich alles mit einem kleinen Augenzwinkern betrachten. Dem entgegen stehen das unglaublich psychologische Geschick der Autorin und ein Spannungsbogen, wie man ihn nur selten findet – Unterhaltung pur.
Der perfekte Krimi, um die Realität für ein langes Wochenende zu vergessen und vollkommen in die Welt von Tana French einzutauchen!
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Montag, 16. März 2015
Bernhard Schlink: „Die Frau auf der Treppe“ Hörbuch
liva, 21:23h

Auf einer Geschäftsreise nach Australien wird sich das Leben des Ich-Erzählers verändern. Davon ahnt er allerdings noch nichts, als er ein Museum in Sydney betritt. Plötzlich bleibt er wie angewurzelt vor einem der Exponate stehen, dass er aus früheren Zeiten kennt. Das Gemälde zeigt eine nackte Frau wie sie eine Treppe hinunterschreitet. Damals war er ein junger Anwalt in Frankfurt und träumte von einem guten Leben. Dieses Ziel wusste er pedantisch zu verfolgen. Doch dann geriet er zwischen die Fronten zweier Klienten, die sich um eben dieses Gemälde stritten. Auch die Frau, die für das Bild Modell gestanden hat, Irene, spielte in deren Unstimmigkeiten eine große Rolle. Der Anwalt verliebte sich in die Frau, bereit sein Leben und seine Zukunftsvision hinter sich zu lassen und mit ihr und dem Bild durchzubrennen. Das gut geplante Vorhaben gerät allerdings außer Kontrolle und Irene verschwindet spurlos, mit ihr das Bild „die Frau auf der Treppe“.
Als der Anwalt jetzt, Jahrzehnte später, das Museum verlässt, setzt er alle Hebel in Bewegung, um Irene aufzuspüren. Er findet sie tatsächlich in einem kleinen Haus an einer unscheinbaren Bucht. Eben an jenem Ort, wo sich bald alle wiedertreffen werden. Aus dem jungen Juristen ist ein großer Anwalt der Reichen mit eigener Kanzlei geworden, aus dem Nächsten ein millionenschwerer Unternehmer, aus dem Dritten einer der erfolgreichsten Maler seiner Zeit. Auch für Irene hat sich einiges verändert, wenn auch nicht im positiven Sinn.
Der Autor Bernhard Schlink zeigt in diesem Buch, dass es im Leben um mehr geht. Dass Zufriedenheit nicht unbedingt mit Erfolg zusammenhängt, Reichtum nicht unweigerlich mit Geld zu tun hat und Luxus eine Frage der Weltanschauung sein kann. Trotz des tieferen Sinns der Geschichte, den der Leser hineininterpretieren kann, bleibt der Autor in seiner Art des Erzählens an der Oberfläche. Um Bedeutungsvolles in diesen Text zu transportieren, fehlt meiner Meinung nach die Emotionalität der Sprache. Mit den langen, teilweise unbedeutenden Dialogen, bleibt das Buch eher langweilig. Die eigentlich originelle Idee der Handlung hätte spannender umgesetzt werden können.
So schnell das Hörbuch gehört ist, so schnell ist die Geschichte auch wieder vergessen. Schade eigentlich!
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Dienstag, 3. Februar 2015
Bodo Kirchhoff: „Verlangen und Melancholie”
liva, 11:28h

Wo er auch geht und steht, sieht er seine Irene vor seinem inneren Auge, den Menschen, der ihn ein Ganzes hat sein lassen. Aber es gab auch eine Zeit da hatte er sie fast verloren wegen einer Affäre mit Marianne. Immer wieder tauchen Erinnerungen auf, mal an die gemeinsamen Reisen nach Italien, die vielen Besuche in den Frankfurter Museen und die gemeinsam verbrachten zärtlichen Nächte. Hinrichs langweiliger Alltag wird nur unterbrochen von seinem Enkel Malte, dem er mit seinem Wissen über Kultur und Geschichte durchs Abitur hilft.
Eines Tages findet Hinrich im Briefkasten einen schwarzumrandeten Brief, einen Trauerbrief. Ein ungutes Gefühl bestärkt ihn darin, diesen Brief in einer Schublade verschwinden zu lassen, die verschiedentliche Utensilien seiner Frau enthält. Als er dann eine junge Polin kennen lernt, gerät der Brief zunächst in Vergessenheit. Seine Suche nach Liebe und Nähe scheint nun ein Ende zu haben, da Zusan sich nicht nur um den Haushalt kümmert, sondern auh um die Bedürfnisse des Witwers selbst. Natürlich gegen ein kleines Taschengeld. Die Tage vergehen nur schleppend und beim Blättern in einem der letzten Bücher, die Irene übersetzt hat, fällt ihm eine kleine Notiz in die Hände. Eine Notiz, die ihn beunruhigt und ihn zweifeln lässt, wie gut er seine Irene wirklich gekannt hat.
Später in der Geschichte begibt sich Hinrich auf einer Reise nach Polen, und kommt dort nicht nur einem Geheimnis seiner Frau auf die Spur, sondern öffnet auch endlich den schwarzumrandeten Brief. Danach wünschte er, ihn nie erhalten zu haben.
Bodo Kirchhoff schreibt über die Liebe wie kaum ein anderer Autor, anrührend und schön ohne trivial zu werden. Auch seiner Liebe zu seiner Heimatstadt Frankfurt gibt der Autor Ausdruck, indem er die Stadt nicht nur als Finanzmetropole beschreibt, sondern der Kultur und den vielen Museen huldigt. Er lässt seinen Protagonisten über Literaten und Künstler gleichermaßen philosophieren wie über Politik und aktuelles Weltgeschehen. Unglaublich wie Kirchhoff es vollbringt, eigene Gedanken und Gefühle in kurzen knappen Sätzen zu formulieren, für die man selbst nie Worte gefunden hätte. Er verwebt Gewesenes und die Gegenwart in wenigen Sätzen, springt in Gedanken hin und her und bleibt dennoch klar in seiner Aussage.
Der Roman ist nichts für hastige, ungeduldige Leser; stattdessen begibt man sich ganz und gar mit dem Autor tief in das unaufgeregte Leben des Protagonisten. Bodo Kirchhoff ist ein Meister darin, Vieles zu sagen, und doch liegt das Wichtige und Reizvolle im Unausgesprochenen, nicht Gesagten oder den Worten zwischen den Zeilen. Das muss man ihm erst einmal nachmachen!
Ein bisschen Melancholie sollte man zum Lesen dieses Buches aber schon aushalten können ;-)
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Freitag, 16. Januar 2015
Ulla Hahn: „Spiel der Zeit“
liva, 11:51h

Hilla hat es geschafft auszubrechen, aus der Enge des strengen konservativen Elternhaues. Sie hat gegen alle Widerstände endlich ihr Abitur und taucht ein in das freie Studentenleben. Sie beginnt ein Studium der Germanistik und Philosophie an der Uni Köln und das zu genau der Zeit, in der das Aufbegehren der Studierenden gegen die alten, festgefahrenen Gesellschaftlichen Strukturen aufwallt. Hilla ist angekommen, bei dem, was seit ihrer Kindheit ihr Denken und Fühlen beherrschte: beim “Wort“, bei Wörtern, ihrer Bedeutung, ihrer Schönheit, ihren Inhalten und ihrer Macht.
Nach „das verborgene Wort“ (verfilmt unter dem Titel „Der Satansbraten“) und „Aufbruch“ ist „Spiel der Zeit“ der dritte Teil des autobiografisch geprägten Werkes von Ulla Hahn. Auch dieser Roman ist von der Faszination der Sprache, der Wörter geprägt. Ein Buch, das durch seine Wortgewalt Bilder im Kopf entstehen lässt. Bilder von Hilla, allein in Köln ; Bilder eines sonnigen Nachmittags, eines Spaziergangs, Hilla und ihre große Liebe Hugo gehen durch das kleine Dorf am Rhein, auf den Spuren ihrer Erinnerungen an den Großvater; Bilder einer verrauchten Wohnung in Köln, nächtelangen hitzigen Diskussionen über Politik, Religion und Philosophie.
In das Epos der Autorin taucht man tief ein, lässt sich geradezu in einen Bann ziehen, der einen über Stunden hinweggleiten lässt. Da fühlen sich sechshundert Seiten wie ein kurzer Augenblick an.
Bilder erzeugen durch ihren unglaublich fesselnden Erzählstil und ihre poetische Sprache, das kann Ulla Hahn wie keine andere!
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Donnerstag, 11. Dezember 2014
Hakan Nesser: „Die Lebenden und Toten von Winsford“ Hörbuch
liva, 13:39h

Das schwedische Ehepaar Hollineck beschließt, ihrer Heimat den Rücken zu kehren, um einige Monate in Marokko zu verbringen. Sie ist eine nicht ganz unbekannte Nachrichtenmoderatorin, er ein nicht ganz unbedeutender Schriftsteller Schwedens. Seinem Verleger verspricht Martin Hollineck bei Rückkehr einen fulminanten Roman. Das Zuhause in der Nähe von Stockholm für die Zeit in gute Hände gegeben, macht sich das Ehepaar auf den Weg ins sonnige Marokko.
Einige Tage später mietet sich in der Nähe des kleinen englischen Ortes Winsford Maria Andersson in ein Cottage in der Heide ein. Das Winterhalbjahr will sie zum Schreiben in der Einöde nutzen. Bei einsamen Spaziergängen, einzig begleitet von ihrem Hund Castor, durch die nebelige Heidelandschaft, sinniert Maria über ihr bisheriges Leben. Manchmal streifen beide durch Winsford, kehren im Pub ein oder im örtlichen Computerzentrum. Durch Gespräche mit den Einwohnern lernt sie nicht nur die Lebenden sondern auch die bereits Verstorbenen kennen. Und so fühlt sie sich bald zu Hause und keiner scheint sich mehr zu fragen, was es mit dem plötzlichen Auftauchen einer Frau mit Hund an diesem abgelegenen Ort auf sich hat.
Ein weiteres Mal hat mich Hakan Nesser‘s Erzählkunst begeistert. Die bildhaften Beschreibungen des typischen englischen Heidewetters wie Nebel, Kälte und Hagel und die mystischen Zeichen wie etwa tote Fasane vor der Haustür und das Wort „Tod“ geschrieben im Staub des Autos, schaffen eine düstere Atmosphäre und erinnern an alte Edgar Wallace Filme. Entgegen jedem gewöhnlichen Krimigenre lässt Hakan Nesser eine Tat wie einen Zufall aussehen; ein unbeachtetes Beiwerk des Lebens. Er zeigt wieviel Boshaftigkeit und ungeahnte Gewaltbereitschaft in jedem von uns stecken kann. Neben dem einen roten Faden in der Geschichte spinnt der Autor weitere Fäden mit losen Enden, die keiner späteren Aufklärung bedürfen oder schlicht für den Ausgang der Handlung unwichtig sind. Damit lockt er den Leser immerfort auf falsche Fährten. Trotz des Umherspringens durch die verschiedenen Ort- und Zeitebenen fügt sich langsam Eins zum Anderen.
Meine Vorbehalte gegen Eva Mattes als Sprecherin konnte ich schnell ablegen. Denn mit ihrer zwar überaus deutlichen aber unaufdringlichen Art lässt sie Hakan Nesser und seiner Erzählung den Vorrang. Die letzten Stunden Hörbuch habe ich absichtlich hinausgezögert, um den Genuss dieses Buches zu verlängern.
Ein absolutes MUSS für Hakan Nesser Fans und solche ,die es werden wollen!
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