Dienstag, 24. September 2013
Andreas Schäfer „Gesichter“
liva, 12:48h
Gabor Lorenz ist Neurologe in einem Berliner Krankenhaus und steht kurz vor seiner Professur. Er untersucht die seltene angeborene Krankheit der „Gesichtsblindheit“, bei der die Patienten Gesichter nicht wiedererkennen können. Eben wünscht er sich selbst an diesem Leiden erkrankt zu sein, denn das Gesicht eines afrikanischen Flüchtlings geht ihm nicht mehr aus dem Kopf. Auf der Rückreise aus dem Familienurlaub auf einer griechischen Insel beobachtet er, wie sich ein Mann auf der Fähre in einem LKW versteckt. Um ihm irgendwie zu helfen, wirft er kurzerhand seine getätigten Einkäufe in den Unterschlupf. Bei Ankunft in Italien erhascht Gabor einen kurzen Blick auf den dunkelgelockten Fremden.
Erst zuhause bemerkt Gabor, dass sich in der Einkaufstasche die Ansichtskarten, adressiert an seine eigene Frau, befanden. Stets schreibt er diese im Urlaubsort, um sie später nach und nach abzusenden. So meint er, die schönste Zeit des Jahres gedanklich zu verlängern. Diese Geste könnte ihm jetzt zum Verhängnis werden, denn der Flüchtling kennt nun seine Anschrift. Von diesem Moment an fühlt sich Gabor beobachtet und verfolgt. Das verstärkt sich, als eines Tages die erste Karte eintrifft.
„Doch er war in der Nähe, das spürte Gabor, so wie man das Meer spürt, schon Kilometer bevor man die Küste erreicht, so wie man weiß, dass es im Laufe des Tages regnen wird.“
Sein gesamtes Handel und Denken ist fortan nur der Idee geschuldet, dass der Fremde ihn und seine Familie findet. Sein wohlgeordnetes Leben gerät aus den Fugen. Die Angst steigert sich bis zu einer Paranoia. Gabor wird getrieben und als dann seine vierzehnjährige Tochter verschwindet, glaubt er, nur eins und eins zusammenzählen zu müssen.
Der Autor Andreas Schäfer bedient sich der Macht des Unausgesprochenen, der Macht von Vorurteilen und der Angst allem Fremden gegenüber. Geschickt konstruiert er die Panik eines Menschen, der sich diese selbst schafft. Der Leser weiß lange nicht, was der Wirklichkeit entspricht und was sich lediglich um Hirngespinste des Arztes handelt. Ungewöhnlich ist, wie der Schriftsteller über Gesichter schreibt ohne sie darzustellen. Obwohl das des Flüchtlings nahezu unbekannt bleibt, keine bildliche Beschreibung erfolgt, glaubt man doch es vor dem inneren Auge genau sehen zu können.
In einfacher Sprache und chronologisch erzählt lässt Andreas Schäfer uns in die Psyche der Menschen blicken, setzt der Gesellschafft einen Spiegel vor und behandelt hier das aktuelle Thema der Flüchtlingsproblematik. Nicht alles kommt hier zu einem schlüssigen Ende, das Buch ist aber dennoch lesenswert.
Ein bedrückender Roman, der einen nachdenklich werden lässt.
Erst zuhause bemerkt Gabor, dass sich in der Einkaufstasche die Ansichtskarten, adressiert an seine eigene Frau, befanden. Stets schreibt er diese im Urlaubsort, um sie später nach und nach abzusenden. So meint er, die schönste Zeit des Jahres gedanklich zu verlängern. Diese Geste könnte ihm jetzt zum Verhängnis werden, denn der Flüchtling kennt nun seine Anschrift. Von diesem Moment an fühlt sich Gabor beobachtet und verfolgt. Das verstärkt sich, als eines Tages die erste Karte eintrifft.
„Doch er war in der Nähe, das spürte Gabor, so wie man das Meer spürt, schon Kilometer bevor man die Küste erreicht, so wie man weiß, dass es im Laufe des Tages regnen wird.“
Sein gesamtes Handel und Denken ist fortan nur der Idee geschuldet, dass der Fremde ihn und seine Familie findet. Sein wohlgeordnetes Leben gerät aus den Fugen. Die Angst steigert sich bis zu einer Paranoia. Gabor wird getrieben und als dann seine vierzehnjährige Tochter verschwindet, glaubt er, nur eins und eins zusammenzählen zu müssen.
Der Autor Andreas Schäfer bedient sich der Macht des Unausgesprochenen, der Macht von Vorurteilen und der Angst allem Fremden gegenüber. Geschickt konstruiert er die Panik eines Menschen, der sich diese selbst schafft. Der Leser weiß lange nicht, was der Wirklichkeit entspricht und was sich lediglich um Hirngespinste des Arztes handelt. Ungewöhnlich ist, wie der Schriftsteller über Gesichter schreibt ohne sie darzustellen. Obwohl das des Flüchtlings nahezu unbekannt bleibt, keine bildliche Beschreibung erfolgt, glaubt man doch es vor dem inneren Auge genau sehen zu können.
In einfacher Sprache und chronologisch erzählt lässt Andreas Schäfer uns in die Psyche der Menschen blicken, setzt der Gesellschafft einen Spiegel vor und behandelt hier das aktuelle Thema der Flüchtlingsproblematik. Nicht alles kommt hier zu einem schlüssigen Ende, das Buch ist aber dennoch lesenswert.
Ein bedrückender Roman, der einen nachdenklich werden lässt.
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