Donnerstag, 22. August 2013
Kathrin Aehnlich „Wenn die Wale an Land gehen“
Die in Leipzig geborene Schriftstellerin nimmt uns mit in eine Zeit, in der Vinyl-Schallplatten heiß begehrt waren, Bücher nicht einfach zu kaufen waren. In der Jugendliche im Osten des Landes durch die Mauer von der Freiheit getrennt waren und mal still mal laut zu protestierten wagten. Levis Jeans, Fleischerhemden aber auch Janis Joplin und die Rolling Stones verkörperten die Unabhängigkeit, die alles vermissten.

An diese Zeit, die über viele Jahre zurückliegt, erinnert sich die Protagonistin Roswitha, als sie auf ihrer Scheidungsreise (“was ist wohl das Gegenteil von Honeymoon?“) in die USA fliegt, um ihre Jugendliebe Mick wiederzusehen. Mit ihm hat sie diese prägende Zeit erlebt. Doch im Gegensatz zu ihr ist er geflüchtet. Aufs geradewohl fliegt sie nach New York. Bei ihrer Suche nach Mick trifft sie auf viele, die damals durchgebrannt sind. Alle scheinen sie zu kennen, aus Mick’s Erzählungen, aber er selbst ist wie vom Erdboden verschluckt. Damals waren sie sich so nah; haben viele Stunden miteinander verbracht; mit lauter Jazzmusik haben sie sich in die ferne Welt geträumt, dem sozialistischen Alltag und allen Reglementierungen zum Trotz. Mick war immer anders und hat seine Wut und seinen Hass nie versteckt, und seine Liebe zur Musik, und zu Rose, wie er seine große Liebe nannte. Die Frage ist, ob diese ihren Mick findet oder bleibt er nur ein Gespenst aus der Vergangenheit, die Freundschaften und Leben gekostet hatte?

In einfühlsamen und ruhigen Worte erzählt Kathrin Aehnlich diese unaufgeregte Geschichte der DDR. Die Zeitfenster wechseln sich relativ schnell ab und schaffen so die Nähe von Gegenwart und Vergangenheit. Kritisch beschreibt sie den Alltag und die Schwierigkeiten im Kommunismus; die Zerrissenheit zwischen Loyalität und Verrat. Die Autorin drückt aber auch Wehmut nach der früheren Zeit aus, ohne übertrieben (n)ostalgisch zu werden; beschreibt Empfindungen ohne Trivialität. Der Text ist mit vielen Songzeilen gespickt, die man regelrecht zu hören glaubt. Aehnlich’s Sprache ist schon fast poetisch zu nennen; Sätze, die man fühlt. Ein Buch, das sich leicht liest, sofort fesselt und ein warmes ruhiges Gefühl hinterlässt.

Einzige Kritikpunkte: die Geschichte kommt nicht ganz ohne Klischees aus und die Dialoge wirken mitunter arg konstruiert. Das trübt aber nicht das Leseerlebnis!

... link (0 Kommentare)   ... comment


Besucherzähler Für Homepage