... newer stories
Dienstag, 3. Februar 2015
Bodo Kirchhoff: „Verlangen und Melancholie”
liva, 11:28h

Wo er auch geht und steht, sieht er seine Irene vor seinem inneren Auge, den Menschen, der ihn ein Ganzes hat sein lassen. Aber es gab auch eine Zeit da hatte er sie fast verloren wegen einer Affäre mit Marianne. Immer wieder tauchen Erinnerungen auf, mal an die gemeinsamen Reisen nach Italien, die vielen Besuche in den Frankfurter Museen und die gemeinsam verbrachten zärtlichen Nächte. Hinrichs langweiliger Alltag wird nur unterbrochen von seinem Enkel Malte, dem er mit seinem Wissen über Kultur und Geschichte durchs Abitur hilft.
Eines Tages findet Hinrich im Briefkasten einen schwarzumrandeten Brief, einen Trauerbrief. Ein ungutes Gefühl bestärkt ihn darin, diesen Brief in einer Schublade verschwinden zu lassen, die verschiedentliche Utensilien seiner Frau enthält. Als er dann eine junge Polin kennen lernt, gerät der Brief zunächst in Vergessenheit. Seine Suche nach Liebe und Nähe scheint nun ein Ende zu haben, da Zusan sich nicht nur um den Haushalt kümmert, sondern auh um die Bedürfnisse des Witwers selbst. Natürlich gegen ein kleines Taschengeld. Die Tage vergehen nur schleppend und beim Blättern in einem der letzten Bücher, die Irene übersetzt hat, fällt ihm eine kleine Notiz in die Hände. Eine Notiz, die ihn beunruhigt und ihn zweifeln lässt, wie gut er seine Irene wirklich gekannt hat.
Später in der Geschichte begibt sich Hinrich auf einer Reise nach Polen, und kommt dort nicht nur einem Geheimnis seiner Frau auf die Spur, sondern öffnet auch endlich den schwarzumrandeten Brief. Danach wünschte er, ihn nie erhalten zu haben.
Bodo Kirchhoff schreibt über die Liebe wie kaum ein anderer Autor, anrührend und schön ohne trivial zu werden. Auch seiner Liebe zu seiner Heimatstadt Frankfurt gibt der Autor Ausdruck, indem er die Stadt nicht nur als Finanzmetropole beschreibt, sondern der Kultur und den vielen Museen huldigt. Er lässt seinen Protagonisten über Literaten und Künstler gleichermaßen philosophieren wie über Politik und aktuelles Weltgeschehen. Unglaublich wie Kirchhoff es vollbringt, eigene Gedanken und Gefühle in kurzen knappen Sätzen zu formulieren, für die man selbst nie Worte gefunden hätte. Er verwebt Gewesenes und die Gegenwart in wenigen Sätzen, springt in Gedanken hin und her und bleibt dennoch klar in seiner Aussage.
Der Roman ist nichts für hastige, ungeduldige Leser; stattdessen begibt man sich ganz und gar mit dem Autor tief in das unaufgeregte Leben des Protagonisten. Bodo Kirchhoff ist ein Meister darin, Vieles zu sagen, und doch liegt das Wichtige und Reizvolle im Unausgesprochenen, nicht Gesagten oder den Worten zwischen den Zeilen. Das muss man ihm erst einmal nachmachen!
Ein bisschen Melancholie sollte man zum Lesen dieses Buches aber schon aushalten können ;-)
... link (0 Kommentare) ... comment
Freitag, 16. Januar 2015
Ulla Hahn: „Spiel der Zeit“
liva, 11:51h

Hilla hat es geschafft auszubrechen, aus der Enge des strengen konservativen Elternhaues. Sie hat gegen alle Widerstände endlich ihr Abitur und taucht ein in das freie Studentenleben. Sie beginnt ein Studium der Germanistik und Philosophie an der Uni Köln und das zu genau der Zeit, in der das Aufbegehren der Studierenden gegen die alten, festgefahrenen Gesellschaftlichen Strukturen aufwallt. Hilla ist angekommen, bei dem, was seit ihrer Kindheit ihr Denken und Fühlen beherrschte: beim “Wort“, bei Wörtern, ihrer Bedeutung, ihrer Schönheit, ihren Inhalten und ihrer Macht.
Nach „das verborgene Wort“ (verfilmt unter dem Titel „Der Satansbraten“) und „Aufbruch“ ist „Spiel der Zeit“ der dritte Teil des autobiografisch geprägten Werkes von Ulla Hahn. Auch dieser Roman ist von der Faszination der Sprache, der Wörter geprägt. Ein Buch, das durch seine Wortgewalt Bilder im Kopf entstehen lässt. Bilder von Hilla, allein in Köln ; Bilder eines sonnigen Nachmittags, eines Spaziergangs, Hilla und ihre große Liebe Hugo gehen durch das kleine Dorf am Rhein, auf den Spuren ihrer Erinnerungen an den Großvater; Bilder einer verrauchten Wohnung in Köln, nächtelangen hitzigen Diskussionen über Politik, Religion und Philosophie.
In das Epos der Autorin taucht man tief ein, lässt sich geradezu in einen Bann ziehen, der einen über Stunden hinweggleiten lässt. Da fühlen sich sechshundert Seiten wie ein kurzer Augenblick an.
Bilder erzeugen durch ihren unglaublich fesselnden Erzählstil und ihre poetische Sprache, das kann Ulla Hahn wie keine andere!
... link (0 Kommentare) ... comment
Donnerstag, 11. Dezember 2014
Hakan Nesser: „Die Lebenden und Toten von Winsford“ Hörbuch
liva, 13:39h

Das schwedische Ehepaar Hollineck beschließt, ihrer Heimat den Rücken zu kehren, um einige Monate in Marokko zu verbringen. Sie ist eine nicht ganz unbekannte Nachrichtenmoderatorin, er ein nicht ganz unbedeutender Schriftsteller Schwedens. Seinem Verleger verspricht Martin Hollineck bei Rückkehr einen fulminanten Roman. Das Zuhause in der Nähe von Stockholm für die Zeit in gute Hände gegeben, macht sich das Ehepaar auf den Weg ins sonnige Marokko.
Einige Tage später mietet sich in der Nähe des kleinen englischen Ortes Winsford Maria Andersson in ein Cottage in der Heide ein. Das Winterhalbjahr will sie zum Schreiben in der Einöde nutzen. Bei einsamen Spaziergängen, einzig begleitet von ihrem Hund Castor, durch die nebelige Heidelandschaft, sinniert Maria über ihr bisheriges Leben. Manchmal streifen beide durch Winsford, kehren im Pub ein oder im örtlichen Computerzentrum. Durch Gespräche mit den Einwohnern lernt sie nicht nur die Lebenden sondern auch die bereits Verstorbenen kennen. Und so fühlt sie sich bald zu Hause und keiner scheint sich mehr zu fragen, was es mit dem plötzlichen Auftauchen einer Frau mit Hund an diesem abgelegenen Ort auf sich hat.
Ein weiteres Mal hat mich Hakan Nesser‘s Erzählkunst begeistert. Die bildhaften Beschreibungen des typischen englischen Heidewetters wie Nebel, Kälte und Hagel und die mystischen Zeichen wie etwa tote Fasane vor der Haustür und das Wort „Tod“ geschrieben im Staub des Autos, schaffen eine düstere Atmosphäre und erinnern an alte Edgar Wallace Filme. Entgegen jedem gewöhnlichen Krimigenre lässt Hakan Nesser eine Tat wie einen Zufall aussehen; ein unbeachtetes Beiwerk des Lebens. Er zeigt wieviel Boshaftigkeit und ungeahnte Gewaltbereitschaft in jedem von uns stecken kann. Neben dem einen roten Faden in der Geschichte spinnt der Autor weitere Fäden mit losen Enden, die keiner späteren Aufklärung bedürfen oder schlicht für den Ausgang der Handlung unwichtig sind. Damit lockt er den Leser immerfort auf falsche Fährten. Trotz des Umherspringens durch die verschiedenen Ort- und Zeitebenen fügt sich langsam Eins zum Anderen.
Meine Vorbehalte gegen Eva Mattes als Sprecherin konnte ich schnell ablegen. Denn mit ihrer zwar überaus deutlichen aber unaufdringlichen Art lässt sie Hakan Nesser und seiner Erzählung den Vorrang. Die letzten Stunden Hörbuch habe ich absichtlich hinausgezögert, um den Genuss dieses Buches zu verlängern.
Ein absolutes MUSS für Hakan Nesser Fans und solche ,die es werden wollen!
... link (5 Kommentare) ... comment
Dienstag, 2. Dezember 2014
Verena Güntner: „Es bringen“
liva, 12:33h

Doch nach seinen eigenen Aussagen, leidet er manchmal an Coolheitsausfällen und dann träumt er von seiner Traumfrau, die so sein muss wie seine Ma‘, oder er streichelt das Pony des Nachbarn, was er natürlich niemandem erzählt, sonst kann das „ja auch schwul und weicheimäßig rüberkommen“. (Zitat)
Er lebt nach Regeln und Ritualen, trainiert sich selbst, um Macht und Kontrolle über sich und andere zu erlangen. Er ist Trainer und Mannschaft in einer Person. Und so scheint er alles im Griff zu haben. Wenn es jedoch „im Oberstübchen einmal brenzlig wird“, dann gibt Luis sich selbst einen Hinterkopfklaps. Der Junge wirkt wie eine tickende Zeitbombe. Er kämpft sich durch seine Gefühlswelt und versucht sich und anderen, vor allem seinem besten Freund Milan, seine Stärke zu beweisen. Als Milan etwas für Luis Unvorstellbares tut, gerät die Sache bald außer Kontrolle und es kommt zum Äußersten. Wut und Unbehagen entladen sich mit einer nie zuvor erlebten Brutalität.
Die Autorin lässt den Leser die Diskrepanz zwischen dem Sich-unter-Kontrolle-haben des Pubertierenden und der Eigenverantwortung des Erwachsenen deutlich spüren. Sie bedient sich einer Sprache, wie man sie selten in Büchern liest, des Jargons eines sechzehnjährigen Jungen; der Sprache eines Jugendlichen, der mit seinem ganzen Dasein überfordert scheint. Der Leser wird Zeuge von Luis’ Innenleben und ist so dicht am Protagonisten, dass es schon manchmal unangenehm wird. Die Vulgarität und Rohheit der Sprache lässt einen manchmal schaudern. Die Schilderungen Luis reichen von herzzerreißend bis ekelerregend und abstoßend.
Diesen Roman liest man nicht nur, sondern man fühlt ihn, man lebt mit. Danach muss man sich erstmal erholen. Was Verena Güntner hier gelungen ist, ist wirklich einzigartig. Ein außergewöhnlicher Roman über die Schwere des Erwachsenwerdens und der Selbstfindung.
Eines der wenigen Bücher dieses Jahres, das mich stark emotional berührt hat.
... link (0 Kommentare) ... comment
Montag, 17. November 2014
Drüber gelesen: „Bibliothek deutschsprachiger Gedichte“
liva, 17:33h
Ein kleiner Münchner Zeitschriftenverlag hat es sich zur Aufgabe gemacht, das deutschsprachige Gedicht, bzw. die deutschsprachige Lyrik, vor dem Aussterben zu bewahren. Das tut er, indem er unter anderem jungen Autoren und solchen die es werden wollen, eine Plattform bietet, ihre selbstverfassten Gedichte zu veröffentlichen und beurteilen zu lassen.
Über seine Homepage bietet der Verlag Fernstudien in literarischem Schreiben an, Informationen über namhafte Autoren, deren Schaffen, Werk, Geburts- bzw. Todestag und außerdem können Interessierte an einem wöchentlichen Poetry-Slam oder dem jährlichen Gedichte-Wettbewerb teilnehmen. Jeder, der schon einmal ein Gedicht geschrieben hat, kann dies einreichen und auf Wunsch ein Gutachten erhalten. Ab Januar eines jeden neuen Jahres kann man seine Gedichte online einreichen. Ich selbst habe dies jetzt schon einige Male getan. Gegen einen kleinen Unkostenbeitrag ist es möglich, ein Basisgutachten bzw. ein ausführliches Gutachten zu erhalten. Dies bildet die Möglichkeit einer guten und ehrlichen Rückmeldung über die eigene Arbeit.
Das Gedicht wird, wie ich direkt bei dem Realis Verlag erfahren konnte, von Lektoren gelesen und beurteilt und an eine Schar von Juroren, die sich aus Schriftstellern, Autoren, Germanisten und Uni-Professoren zusammensetzt, bewertet.
Ich habe mich bisher immer für das kleine Basisgutachten entschieden, das bis vor einigen Jahren noch kostenlos war. Für diese fachlich kompetente Rückmeldung bin ich außerordentlich dankbar. Denn sie zeigt, was ich am Schreiben noch verbessern kann und was beim Leser Zustimmung findet. Die Gutachten sind freundlich formuliert, in ihrer Aussage sehr ehrlich und kritisieren konstruktiv. Nicht immer darf man auf ein positives Ergebnis hoffen. Entscheidet sich die Jury für das Gedicht, dann heißt das, dass es in der jährlichen Anthologie, die der Verlag herausbringt, veröffentlicht wird.
Für mehr Info:
http://www.gedichte-bibliothek.de
Über seine Homepage bietet der Verlag Fernstudien in literarischem Schreiben an, Informationen über namhafte Autoren, deren Schaffen, Werk, Geburts- bzw. Todestag und außerdem können Interessierte an einem wöchentlichen Poetry-Slam oder dem jährlichen Gedichte-Wettbewerb teilnehmen. Jeder, der schon einmal ein Gedicht geschrieben hat, kann dies einreichen und auf Wunsch ein Gutachten erhalten. Ab Januar eines jeden neuen Jahres kann man seine Gedichte online einreichen. Ich selbst habe dies jetzt schon einige Male getan. Gegen einen kleinen Unkostenbeitrag ist es möglich, ein Basisgutachten bzw. ein ausführliches Gutachten zu erhalten. Dies bildet die Möglichkeit einer guten und ehrlichen Rückmeldung über die eigene Arbeit.
Das Gedicht wird, wie ich direkt bei dem Realis Verlag erfahren konnte, von Lektoren gelesen und beurteilt und an eine Schar von Juroren, die sich aus Schriftstellern, Autoren, Germanisten und Uni-Professoren zusammensetzt, bewertet.
Ich habe mich bisher immer für das kleine Basisgutachten entschieden, das bis vor einigen Jahren noch kostenlos war. Für diese fachlich kompetente Rückmeldung bin ich außerordentlich dankbar. Denn sie zeigt, was ich am Schreiben noch verbessern kann und was beim Leser Zustimmung findet. Die Gutachten sind freundlich formuliert, in ihrer Aussage sehr ehrlich und kritisieren konstruktiv. Nicht immer darf man auf ein positives Ergebnis hoffen. Entscheidet sich die Jury für das Gedicht, dann heißt das, dass es in der jährlichen Anthologie, die der Verlag herausbringt, veröffentlicht wird.
Für mehr Info:
http://www.gedichte-bibliothek.de
... link (0 Kommentare) ... comment
Dienstag, 28. Oktober 2014
Jonathan Tropper: „Der Sound meines Lebens“
liva, 18:30h

So auch Drew Silver, genannt Silver, Ende 40, ehemaliger Rockstar, dessen Leben aus den Fugen und sein Körper aus der Form geraten ist. Sein Geld verdient er mit der wöchentlichen Spende seines Samens bei einer medizinischen Studie. Silver ist zunehmend desillusioniert und depressiv und hat keinerlei Erwartungen mehr ans Leben. Bis zu dem Tag, an dem seine achtzehnjährige Tochter, die ihn bisher gemieden hat, ihm mitteilt, dass sie schwanger ist. Kurz darauf bekommt Silver die Diagnose „Aortenaneurysma“. Gegen jede Empfehlung jedoch lehnt er eine Operation ab. Nicht, dass er sterben wollte, „er weiß bloß nicht, ob er Leben will“ (Zitat Seite 101). Und genau diese Entscheidung, die niemand so recht nachvollziehen kann, bringt allerlei Veränderungen bei den Menschen in seinem Umfeld mit sich und bei ihm selbst. Allem voran seine neue Offenheit, Dinge, die er denkt, plötzlich laut auszusprechen.
Der in New York geborene Autor Jonathan Tropper beschäftigt sich in diesem Roman nicht zum ersten Mal mit dem Thema Sterben. Doch trotz der Schwere und Tiefe der Handlung bleibt der Autor zuversichtlich. Außerdem lässt er tief in die Seele des Mannes im Allgemeinen blicken und zeigt, dass in den harten Kerlen, die seine Figuren alle sein wollen, weiche Kerne stecken. Allesamt sind sie liebenswert, insbesondere der Protagonist.
Troppers Sprache ist jung und spritzig. Die Sätze einfach, aber schön. Der Text mutet manchmal etwas umgangssprachlich an, was auch der Übersetzung geschuldet sein könnte. Der Roman ist ab und an etwas rührselig, garantiert aber gute Unterhaltung. Der Autor verzichtet letztendlich auf ein zu kitschiges Happy End.
Ohne den Witz und den zynisch, selbstkritischen Blick auf die Spezies Mann, könnte man Jonathan Tropper als männliche Antwort auf Cecilia Ahern verstehen!
... link (0 Kommentare) ... comment
Donnerstag, 16. Oktober 2014
Louis Begley: „Erinnerungen an eine Ehe“ Hörbuch
liva, 17:04h

Phillip, ein in die Jahre gekommener Romancier, trifft im New Yorker Central Park auf Lucy, eine alte Bekannte. Er selbst ist noch nicht über den tragischen Tod seiner Ehefrau Bella hinweg, und weil er sich gut an die lebenslustige Art Lucys erinnern kann, lässt er sich wiederstrebend auf diverse Treffen mit ihr ein. Doch bald schon muss er feststellen, dass Lucy eine andere geworden ist. Sie ist verbittert, enttäuscht und scheint ihren Humor gänzlich verloren zu haben.
Aus lockeren Plaudereien über alte Zeiten, die Phillip schmerzlich mit den vergangenen Jahren konfrontiert, entspinnt Lucy eine Erzählung und erinnert sich an ihre eigene Ehe mit Tom. Schon mehr als zwanzig Jahre sind sie getrennt und Tom ist vor einiger Zeit bei einem Unfall ums Leben gekommen. Er, Tom, ein unscheinbarer Mann aus der Unterschicht habe sie, vermögend aus gutem Hause ausgenutzt. Er habe sich in die gehobene Gesellschaft einführen lassen und sie als Trittbrett für den eigenen finanziellen Aufstieg gebraucht. Betrogen habe er sie und sie dann später, als erfolgreicher Finanzier, verlassen. Sie redet sich derart in Rage, dass es Phillip mehr als unangenehm ist. Sie wird zunehmend emotional und in ihrem Ausdruck bisweilen ausufernd. Sie wirkt frustriert, empört und alleingelassen. Sie gibt sich als Opfer einer Ehe mit einem Mann, der sie lediglich ausgenutzt und getäuscht habe. Phillip werden diese Besuche mehr und mehr unerträglich.
Jedoch ist eine Erinnerung immer subjektiv, betrachtet man sie nur von einer Seite. Also beschließt Phillip auch alte Bekannte des Ehepaars und gemeinsame Freunde anzuhören und über die Ehe zu befragen, um sich ein genaueres Bild machen zu können. Daraus ergibt sich ein ganz anderes Bild. Aus anderen Blickwinkeln erzählt scheint auch Tom ein Opfer gewesen zu sein. Gerade an seinem aktuellen Roman schreibend beschließt Phillip bald aus diesen Berichten einen eigenen Roman zu machen.
Wer könnte diese intelligent und intellektuell erzählte Geschichte besser schreiben als der Autor Louis Begley. In langen verschachtelten Sätzen erzählt Begley eindringlich und sensibel. Und wer könnte den Ich-Erzähler besser repräsentieren als Christian Brückner mit seiner dunklen Stimme und seinem langsamen, akzentuierten Ausdruck. Der Roman lässt sich allerdings nicht einfach “nebenher“ hören, sondern kostet einiges an Konzentration. Begleys Sprache hat es in sich!
Für Leser, die intelligentes Geplauder, Anspruch und Tiefgang nicht scheuen ein überaus empfehlenswertes Hörbuch, dass mit Sicherheit als Buch gelesen noch mehr Spaß gemacht hätte.
... link (0 Kommentare) ... comment
Freitag, 10. Oktober 2014
Frankfurter Buchmesse 2014
liva, 12:27h
Unglaublich, dass schon wieder ein Jahr vergangen ist. Die diesjährige Buchmesse ist bereits in vollem Gange, die Entscheidung über den Buchpreis 2014 gefallen, der Gewinner ist Lutz Seiler mit seinem Roman „Kruso“ und der Literatur Nobelpreis geht nach Frankreich. Gastland in diesem Jahr: Finnland. Da drängt sich mir der Gedanke auf, dass unsere Gäste aus dem Norden nicht nur ihre Literatur, sondern auch das Wetter mitgebracht haben. Aber Gerüchten zufolge wirkt sich die nostalgische Stimmung auf die Kreativität des Schreibens aus.
So haben sich auch hierzulande viele Autoren (und solche die es zu sein glauben) beeilt, ihre Werke rechtzeitig auf den Markt zu bringen. Die Krimi Autorin Charlotte Link zum Beispiel - vielleicht, weil ihr kein Krimi einfallen wollte - veröffentlicht ihr neuestes Buch zum Krebstod ihrer Schwester. Hape Kerkeling - vielleicht, weil er seine Kasse füllen muss - besinnt sich des Freitods seiner Mutter. Auch der Friseur Christoph Waltz findet mit seinem Buch einen Platz in den Regalen der Buchmesse. Er weiß zu erzählen - vielleicht, weil er dringend mehr Aufmerksamkeit benötigt - WELCHE Promis er WIE verföhnt hat. So scheint doch wieder für jeden etwas dabei zu sein.
Uns als Leser bleibt nun wieder die Herausforderung aus den unübersichtlichen Mengen der Neuerscheinungen, die auch die Belletristik zu bieten hat, das Interessanteste und Beste herauszufischen.
Mein Tipp: Augen auf bei der Bücherwahl!
So haben sich auch hierzulande viele Autoren (und solche die es zu sein glauben) beeilt, ihre Werke rechtzeitig auf den Markt zu bringen. Die Krimi Autorin Charlotte Link zum Beispiel - vielleicht, weil ihr kein Krimi einfallen wollte - veröffentlicht ihr neuestes Buch zum Krebstod ihrer Schwester. Hape Kerkeling - vielleicht, weil er seine Kasse füllen muss - besinnt sich des Freitods seiner Mutter. Auch der Friseur Christoph Waltz findet mit seinem Buch einen Platz in den Regalen der Buchmesse. Er weiß zu erzählen - vielleicht, weil er dringend mehr Aufmerksamkeit benötigt - WELCHE Promis er WIE verföhnt hat. So scheint doch wieder für jeden etwas dabei zu sein.
Uns als Leser bleibt nun wieder die Herausforderung aus den unübersichtlichen Mengen der Neuerscheinungen, die auch die Belletristik zu bieten hat, das Interessanteste und Beste herauszufischen.
Mein Tipp: Augen auf bei der Bücherwahl!
... link (0 Kommentare) ... comment
Donnerstag, 18. September 2014
Von gehört: „Druckfrisch“
liva, 12:39h
Vor einer Woche war es endlich soweit: Denis Scheck, Literarturkritiker und Moderator der Sendung „Druckfrisch“ war aus seiner wohlverdienten Sommerpause zurück. Frisch und ausgeruht, wie es schien, machte er sich wieder über die Neuerscheinungen des Herbstes her. Zunächst stellte er wie in jeder seiner Sendungen ein paar außergewöhnliche neue Romane vor, nicht ohne die Autoren mit guten und intelligenten Fragen zu interviewen. Diese Interviews finden stets im Herkunftsland des Autors und dann noch an außergewöhnlichen Orten und Plätzen statt, die in irgendeiner Verbindung zum Buchinhalt stehen. So kann es mal ein Weinkeller sein oder ein Foyer eines großen Gerichtsgebäudes, in einem Hinterhof einer Hochhaussiedlung oder eben auch mal inmitten einer Fußgängerzone.
Am Ende der halbstündigen Sendezeit beurteilt Denis Scheck die Bestsellerliste des „Spiegel“, mal Belletristik und mal Sachbuch, und wirft nicht nur sprichwörtlich das meiste davon in die „Tonne“. Denn tatsächlich lässt er nach einem strengen, sarkastischen Urteil Bücher, die nicht seinem Geschmack entsprechen, über ein Förderband geradewegs in den Abfall wandern. Und das unterscheidet ihn von anderen Büchersendungen, in denen zu viele Bücher in zu kurzer Zeit angepriesen werden, dass man schnell den Überblick verlieren kann. Dieser Kritiker scheint mehr Wert auf das „Nicht-Empfehlen“ zu legen, dessen Sinn sich einem erst im Laufe der Zeit erschließt.
Denis Scheck ist sicher nicht der Sympathieträger auf den ersten Blick, doch mittlerweile ist mir sein Witz, seine Ironie und durchaus kritische Meinung sehr ans Herz gewachsen. Die Art, wie er Bücher scharfzüngig und bissig rezensiert und Autoren kritisiert können schon mal unter die Gürtellinie gehen. So vergleicht er manchen Buchinhalt mit einem Song von „Modern Talking“ oder „Gammelfleisch“.
Diese Sendung ist aber keinesfalls nur spöttisch und ironisch, sondern, das was Denis Scheck dann letztendlich empfiehlt, das ist wirklich lesenswert. Denn nicht nur einmal bin ich seiner Empfehlung gefolgt und wurde nicht enttäuscht, ganz im Gegenteil!
Am Ende der halbstündigen Sendezeit beurteilt Denis Scheck die Bestsellerliste des „Spiegel“, mal Belletristik und mal Sachbuch, und wirft nicht nur sprichwörtlich das meiste davon in die „Tonne“. Denn tatsächlich lässt er nach einem strengen, sarkastischen Urteil Bücher, die nicht seinem Geschmack entsprechen, über ein Förderband geradewegs in den Abfall wandern. Und das unterscheidet ihn von anderen Büchersendungen, in denen zu viele Bücher in zu kurzer Zeit angepriesen werden, dass man schnell den Überblick verlieren kann. Dieser Kritiker scheint mehr Wert auf das „Nicht-Empfehlen“ zu legen, dessen Sinn sich einem erst im Laufe der Zeit erschließt.
Denis Scheck ist sicher nicht der Sympathieträger auf den ersten Blick, doch mittlerweile ist mir sein Witz, seine Ironie und durchaus kritische Meinung sehr ans Herz gewachsen. Die Art, wie er Bücher scharfzüngig und bissig rezensiert und Autoren kritisiert können schon mal unter die Gürtellinie gehen. So vergleicht er manchen Buchinhalt mit einem Song von „Modern Talking“ oder „Gammelfleisch“.
Diese Sendung ist aber keinesfalls nur spöttisch und ironisch, sondern, das was Denis Scheck dann letztendlich empfiehlt, das ist wirklich lesenswert. Denn nicht nur einmal bin ich seiner Empfehlung gefolgt und wurde nicht enttäuscht, ganz im Gegenteil!
... link (0 Kommentare) ... comment
... older stories