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Dienstag, 28. Oktober 2014
Jonathan Tropper: „Der Sound meines Lebens“
liva, 18:30h

So auch Drew Silver, genannt Silver, Ende 40, ehemaliger Rockstar, dessen Leben aus den Fugen und sein Körper aus der Form geraten ist. Sein Geld verdient er mit der wöchentlichen Spende seines Samens bei einer medizinischen Studie. Silver ist zunehmend desillusioniert und depressiv und hat keinerlei Erwartungen mehr ans Leben. Bis zu dem Tag, an dem seine achtzehnjährige Tochter, die ihn bisher gemieden hat, ihm mitteilt, dass sie schwanger ist. Kurz darauf bekommt Silver die Diagnose „Aortenaneurysma“. Gegen jede Empfehlung jedoch lehnt er eine Operation ab. Nicht, dass er sterben wollte, „er weiß bloß nicht, ob er Leben will“ (Zitat Seite 101). Und genau diese Entscheidung, die niemand so recht nachvollziehen kann, bringt allerlei Veränderungen bei den Menschen in seinem Umfeld mit sich und bei ihm selbst. Allem voran seine neue Offenheit, Dinge, die er denkt, plötzlich laut auszusprechen.
Der in New York geborene Autor Jonathan Tropper beschäftigt sich in diesem Roman nicht zum ersten Mal mit dem Thema Sterben. Doch trotz der Schwere und Tiefe der Handlung bleibt der Autor zuversichtlich. Außerdem lässt er tief in die Seele des Mannes im Allgemeinen blicken und zeigt, dass in den harten Kerlen, die seine Figuren alle sein wollen, weiche Kerne stecken. Allesamt sind sie liebenswert, insbesondere der Protagonist.
Troppers Sprache ist jung und spritzig. Die Sätze einfach, aber schön. Der Text mutet manchmal etwas umgangssprachlich an, was auch der Übersetzung geschuldet sein könnte. Der Roman ist ab und an etwas rührselig, garantiert aber gute Unterhaltung. Der Autor verzichtet letztendlich auf ein zu kitschiges Happy End.
Ohne den Witz und den zynisch, selbstkritischen Blick auf die Spezies Mann, könnte man Jonathan Tropper als männliche Antwort auf Cecilia Ahern verstehen!
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Donnerstag, 16. Oktober 2014
Louis Begley: „Erinnerungen an eine Ehe“ Hörbuch
liva, 17:04h

Phillip, ein in die Jahre gekommener Romancier, trifft im New Yorker Central Park auf Lucy, eine alte Bekannte. Er selbst ist noch nicht über den tragischen Tod seiner Ehefrau Bella hinweg, und weil er sich gut an die lebenslustige Art Lucys erinnern kann, lässt er sich wiederstrebend auf diverse Treffen mit ihr ein. Doch bald schon muss er feststellen, dass Lucy eine andere geworden ist. Sie ist verbittert, enttäuscht und scheint ihren Humor gänzlich verloren zu haben.
Aus lockeren Plaudereien über alte Zeiten, die Phillip schmerzlich mit den vergangenen Jahren konfrontiert, entspinnt Lucy eine Erzählung und erinnert sich an ihre eigene Ehe mit Tom. Schon mehr als zwanzig Jahre sind sie getrennt und Tom ist vor einiger Zeit bei einem Unfall ums Leben gekommen. Er, Tom, ein unscheinbarer Mann aus der Unterschicht habe sie, vermögend aus gutem Hause ausgenutzt. Er habe sich in die gehobene Gesellschaft einführen lassen und sie als Trittbrett für den eigenen finanziellen Aufstieg gebraucht. Betrogen habe er sie und sie dann später, als erfolgreicher Finanzier, verlassen. Sie redet sich derart in Rage, dass es Phillip mehr als unangenehm ist. Sie wird zunehmend emotional und in ihrem Ausdruck bisweilen ausufernd. Sie wirkt frustriert, empört und alleingelassen. Sie gibt sich als Opfer einer Ehe mit einem Mann, der sie lediglich ausgenutzt und getäuscht habe. Phillip werden diese Besuche mehr und mehr unerträglich.
Jedoch ist eine Erinnerung immer subjektiv, betrachtet man sie nur von einer Seite. Also beschließt Phillip auch alte Bekannte des Ehepaars und gemeinsame Freunde anzuhören und über die Ehe zu befragen, um sich ein genaueres Bild machen zu können. Daraus ergibt sich ein ganz anderes Bild. Aus anderen Blickwinkeln erzählt scheint auch Tom ein Opfer gewesen zu sein. Gerade an seinem aktuellen Roman schreibend beschließt Phillip bald aus diesen Berichten einen eigenen Roman zu machen.
Wer könnte diese intelligent und intellektuell erzählte Geschichte besser schreiben als der Autor Louis Begley. In langen verschachtelten Sätzen erzählt Begley eindringlich und sensibel. Und wer könnte den Ich-Erzähler besser repräsentieren als Christian Brückner mit seiner dunklen Stimme und seinem langsamen, akzentuierten Ausdruck. Der Roman lässt sich allerdings nicht einfach “nebenher“ hören, sondern kostet einiges an Konzentration. Begleys Sprache hat es in sich!
Für Leser, die intelligentes Geplauder, Anspruch und Tiefgang nicht scheuen ein überaus empfehlenswertes Hörbuch, dass mit Sicherheit als Buch gelesen noch mehr Spaß gemacht hätte.
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Freitag, 10. Oktober 2014
Frankfurter Buchmesse 2014
liva, 12:27h
Unglaublich, dass schon wieder ein Jahr vergangen ist. Die diesjährige Buchmesse ist bereits in vollem Gange, die Entscheidung über den Buchpreis 2014 gefallen, der Gewinner ist Lutz Seiler mit seinem Roman „Kruso“ und der Literatur Nobelpreis geht nach Frankreich. Gastland in diesem Jahr: Finnland. Da drängt sich mir der Gedanke auf, dass unsere Gäste aus dem Norden nicht nur ihre Literatur, sondern auch das Wetter mitgebracht haben. Aber Gerüchten zufolge wirkt sich die nostalgische Stimmung auf die Kreativität des Schreibens aus.
So haben sich auch hierzulande viele Autoren (und solche die es zu sein glauben) beeilt, ihre Werke rechtzeitig auf den Markt zu bringen. Die Krimi Autorin Charlotte Link zum Beispiel - vielleicht, weil ihr kein Krimi einfallen wollte - veröffentlicht ihr neuestes Buch zum Krebstod ihrer Schwester. Hape Kerkeling - vielleicht, weil er seine Kasse füllen muss - besinnt sich des Freitods seiner Mutter. Auch der Friseur Christoph Waltz findet mit seinem Buch einen Platz in den Regalen der Buchmesse. Er weiß zu erzählen - vielleicht, weil er dringend mehr Aufmerksamkeit benötigt - WELCHE Promis er WIE verföhnt hat. So scheint doch wieder für jeden etwas dabei zu sein.
Uns als Leser bleibt nun wieder die Herausforderung aus den unübersichtlichen Mengen der Neuerscheinungen, die auch die Belletristik zu bieten hat, das Interessanteste und Beste herauszufischen.
Mein Tipp: Augen auf bei der Bücherwahl!
So haben sich auch hierzulande viele Autoren (und solche die es zu sein glauben) beeilt, ihre Werke rechtzeitig auf den Markt zu bringen. Die Krimi Autorin Charlotte Link zum Beispiel - vielleicht, weil ihr kein Krimi einfallen wollte - veröffentlicht ihr neuestes Buch zum Krebstod ihrer Schwester. Hape Kerkeling - vielleicht, weil er seine Kasse füllen muss - besinnt sich des Freitods seiner Mutter. Auch der Friseur Christoph Waltz findet mit seinem Buch einen Platz in den Regalen der Buchmesse. Er weiß zu erzählen - vielleicht, weil er dringend mehr Aufmerksamkeit benötigt - WELCHE Promis er WIE verföhnt hat. So scheint doch wieder für jeden etwas dabei zu sein.
Uns als Leser bleibt nun wieder die Herausforderung aus den unübersichtlichen Mengen der Neuerscheinungen, die auch die Belletristik zu bieten hat, das Interessanteste und Beste herauszufischen.
Mein Tipp: Augen auf bei der Bücherwahl!
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Donnerstag, 18. September 2014
Von gehört: „Druckfrisch“
liva, 12:39h
Vor einer Woche war es endlich soweit: Denis Scheck, Literarturkritiker und Moderator der Sendung „Druckfrisch“ war aus seiner wohlverdienten Sommerpause zurück. Frisch und ausgeruht, wie es schien, machte er sich wieder über die Neuerscheinungen des Herbstes her. Zunächst stellte er wie in jeder seiner Sendungen ein paar außergewöhnliche neue Romane vor, nicht ohne die Autoren mit guten und intelligenten Fragen zu interviewen. Diese Interviews finden stets im Herkunftsland des Autors und dann noch an außergewöhnlichen Orten und Plätzen statt, die in irgendeiner Verbindung zum Buchinhalt stehen. So kann es mal ein Weinkeller sein oder ein Foyer eines großen Gerichtsgebäudes, in einem Hinterhof einer Hochhaussiedlung oder eben auch mal inmitten einer Fußgängerzone.
Am Ende der halbstündigen Sendezeit beurteilt Denis Scheck die Bestsellerliste des „Spiegel“, mal Belletristik und mal Sachbuch, und wirft nicht nur sprichwörtlich das meiste davon in die „Tonne“. Denn tatsächlich lässt er nach einem strengen, sarkastischen Urteil Bücher, die nicht seinem Geschmack entsprechen, über ein Förderband geradewegs in den Abfall wandern. Und das unterscheidet ihn von anderen Büchersendungen, in denen zu viele Bücher in zu kurzer Zeit angepriesen werden, dass man schnell den Überblick verlieren kann. Dieser Kritiker scheint mehr Wert auf das „Nicht-Empfehlen“ zu legen, dessen Sinn sich einem erst im Laufe der Zeit erschließt.
Denis Scheck ist sicher nicht der Sympathieträger auf den ersten Blick, doch mittlerweile ist mir sein Witz, seine Ironie und durchaus kritische Meinung sehr ans Herz gewachsen. Die Art, wie er Bücher scharfzüngig und bissig rezensiert und Autoren kritisiert können schon mal unter die Gürtellinie gehen. So vergleicht er manchen Buchinhalt mit einem Song von „Modern Talking“ oder „Gammelfleisch“.
Diese Sendung ist aber keinesfalls nur spöttisch und ironisch, sondern, das was Denis Scheck dann letztendlich empfiehlt, das ist wirklich lesenswert. Denn nicht nur einmal bin ich seiner Empfehlung gefolgt und wurde nicht enttäuscht, ganz im Gegenteil!
Am Ende der halbstündigen Sendezeit beurteilt Denis Scheck die Bestsellerliste des „Spiegel“, mal Belletristik und mal Sachbuch, und wirft nicht nur sprichwörtlich das meiste davon in die „Tonne“. Denn tatsächlich lässt er nach einem strengen, sarkastischen Urteil Bücher, die nicht seinem Geschmack entsprechen, über ein Förderband geradewegs in den Abfall wandern. Und das unterscheidet ihn von anderen Büchersendungen, in denen zu viele Bücher in zu kurzer Zeit angepriesen werden, dass man schnell den Überblick verlieren kann. Dieser Kritiker scheint mehr Wert auf das „Nicht-Empfehlen“ zu legen, dessen Sinn sich einem erst im Laufe der Zeit erschließt.
Denis Scheck ist sicher nicht der Sympathieträger auf den ersten Blick, doch mittlerweile ist mir sein Witz, seine Ironie und durchaus kritische Meinung sehr ans Herz gewachsen. Die Art, wie er Bücher scharfzüngig und bissig rezensiert und Autoren kritisiert können schon mal unter die Gürtellinie gehen. So vergleicht er manchen Buchinhalt mit einem Song von „Modern Talking“ oder „Gammelfleisch“.
Diese Sendung ist aber keinesfalls nur spöttisch und ironisch, sondern, das was Denis Scheck dann letztendlich empfiehlt, das ist wirklich lesenswert. Denn nicht nur einmal bin ich seiner Empfehlung gefolgt und wurde nicht enttäuscht, ganz im Gegenteil!
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Donnerstag, 28. August 2014
Andreas von Flotow „Tage zwischen gestern und heute“
liva, 15:13h

Schon im Vorwort und im ersten Satz des Romans „An dem Tag als meine Mutter starb, wachte ich früh auf“ (Zitat) nimmt der Autor die Pointe des Buches vorweg. Von da an spricht der Ich-Erzähler über seine Kindheit. Die Erinnerungen allerdings bleiben mal vage, mal scheinen sie geradewegs unkontrolliert aus ihm herauszusprudeln. Die Arbeit des Autors wirkt nicht aufgeschrieben, sondern wie ein stetiges Grübeln und Nachdenken, ein innerer Monolog. Der Erzähler versucht sich immer wieder zu erinnern, diese Erinnerungen zeitlich zu ordnen, was ihm, wie er auch selbst sagt, nur wenig gelingt. So entstehen Bruchstücke, die letztendlich doch ein Gesamtbild erkennen lassen. Die Geschichte des eigenartigen einsamen Jungen wird von fortwährendem Philosophieren über das Erinnern selbst etwas in den Hintergrund gerückt.
Trotz des tragischen Schicksals des Protagonisten bleibt der Leser außen vor, er wird lediglich Zeuge seiner Gedanken. Diese sind zwar einfühlsam widergegeben, haben mich persönlich aber emotional kaum berührt. Sprache und Stil sind außergewöhnlich und interessant; die dauernde Wiederholung des Wortes „Erinnerung“ in all seinen grammatikalischen Formen zermürbend.
Der Roman ist leider weniger poetisch als der Titel vermuten lässt!
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Mittwoch, 13. August 2014
Donna Tartt „Der Distelfink“ Hörbuch
liva, 18:51h

Bei einem Bombenanschlag auf das Metropolitan Museum of Art in New York wird die Mutter des dreizehnjährige Theodor Decker tödlich verletzt. Der Junge trägt schwer an diesem Verlust, versucht es sich jedoch nicht anmerken zu lassen. Theodors Leben wird sich von nun an grundlegend ändern. Er wird aus seiner vertrauten Umgebung gerissen, und zunächst nimmt ihn die Familie eines Freunds auf.
Doch bevor Theo selbst das Museum, es liegt in Schutt und Asche, unverletzt verlassen kann, gibt ihm ein sterbender alter Mann einen Siegelring und bittet ihn, diesen zu einer bestimmten Adresse in Manhattan zu bringen. Der Bestimmungsort des Ringes erweist sich als Antiquitätenladen, der Inhaber als Möbelrestaurator und Kompagnon des Verstorbenen aus dem Museum. Howie, wie er sich Theo vorstellt, wird später in der Geschichte zu einem väterlichen Freund. Als plötzlich Theos Vater, der die Familie verlassen hatte, ihn nach Las Vegas holt glaubt er, New York für immer verlassen zu müssen. Was bis dahin keiner ahnt (nur der Leser weiß es), dass Theodor Decker ein wertvolles Gemälde aus den Trümmern des Museums entwendet hat: „Der Distelfink“.
In Las Vegas lernt er den russisch stämmigen Boris kennen. Obwohl Boris sich nicht immer an Gesetze hält und mit Drogen zu tun hat, wird er zum besten Freund und Vertrauten. Theodor, der anfangs schüchterne Junge, wird zunehmend in Betrügereien verwickelt. Als später sein Vater ums Leben kommt, kehrt Theodor noch nicht volljährig nach New York zurück. Er ist ein anderer Mensch geworden, er hat sich entwickelt. Einsam und elternlos streunt er durch die Stadt. Trost gibt ihm das Wissen, dass das Bild immer bei ihm sein wird. Dieser Besitz soll für immer sein Geheimnis bleiben. Eine bleibende Erinnerung an seine Vergangenheit.
Die Geschichte, die Theodor selbst erzählt, ist ungeheuerlich; sie läuft vor dem inneren Auge wie ein Film ab. Donna Tartt zeigt viel Liebe zum Detail und ihren Figuren; sensibel und empathisch. Sie lässt mit ihrer Sprache die Geschichte so lebendig werden, dass man glaubt, mittendrin zu sein. In der Erzählweise liegt eine gewisse Langsamkeit, Zähigkeit (das Hörbuch dauert schließlich 33 Stunden), die die Intensität der Geschichte zusätzlich verstärkt. Der Leser bleibt ganz nah beim Protagonisten und erlebt so nahezu die gesamte Zeit des Heranwachsens mit ihm. Wir erfahren viel über die Menschen, über das Leben, aber vor allem auch über die Kunst, über Malerei. Trotz aller Gaunereien und kriminellen Machenschaften, Fehler und Unzulänglichkeiten bleiben die Personen immer sympathisch; der Leser auf deren Seite.
Donna Tartt legt einer ihrer Figuren die Worte in den Mund, die das Hauptthema beschreiben: Was ist gut oder böse? Ist es immer so klar zu unterscheiden? Was geschieht aus Verzweiflung, aus Angst, aus Liebe? Wieviel ist Schicksal, wieviel ist eigenes Zutun? Die Autorin lässt gekonnt die Grenzen dessen verschmelzen.
Matthias Koeberlin ist ein Gewinn für dieses Hörbuch. Er gibt allen Figuren eine eigene Sprache, schlüpft in jede Rolle. In Köberleins Stimme und Ausdruck spiegelt sich die schleichende Entwicklung des Protagonisten Theodore Decker über Jahre hinweg. Eine Meisterleistung! Etwas Geduld für die Geschichte sollte man aber mitbringen, denn das kann ich versprechen: am Ende fügt sich alles zu einem herausragenden Roman.
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Mittwoch, 30. Juli 2014
Paula Daly „Die Schuld einer Mutter“
liva, 13:28h

Lisa Kallister ist überfordert als Mutter dreier Kinder, ihrer Arbeit und einem Haushalt, in dem das Geld immer knapp ist. Kate dagegen scheint die perfekte Mutter, kümmert sich aufopferungsvoll um Kinder und Haushalt, ist immer geduldig und verständnisvoll.
Die Töchter der beiden sind befreundet. Kate’s Tochter Lucinda verschwindet an einem Tag, an dem sie eigentlich bei Lisa’s Tochter übernachten sollte. Weil vorher bereits ein Mädchen aus der Gegend verschwunden war, geht die Polizei davon aus, dass Lucinda Opfer des gleichen Täters geworden ist. Nicht nur Kate’s Familie gibt Lisa die Schuld an diesem Unglück, auch Lisa selbst macht sich schwerste Vorwürfe. Sie begibt sich eigenmächtig auf die Suche nach Lucinda, ohne zu ahnen, auf welchen geheimnisvollen Weg sie sich begibt.
Wir erfahren im Verlauf der Geschichte einiges über Lisa und Kate, über die Ehen der beiden, die Familien und ihre Beziehung zueinander. Die Figuren allerdings bleiben ohne charakterlichen Tiefgang und seltsam oberflächlich. Die „Schuld“ Lisa’s, der Ich-Erzählerin, am Geschehen ist nicht wirklich zwingend und nachvollziehbar.
Der Debutroman der englischen Autorin ist eher ein Familienroman als ein Psychothriller. Zu keiner Zeit kommt es zur „geradezu hypnotisierenden Spannung“ die auf dem Cover angekündigt wird. Die Geschichte selbst ist in vielen Teilen nicht ganz schlüssig und nimmt unerklärte absurde Wendungen.
Die Sprache schlicht und leicht zu lesen, es fehlt aber an Raffinesse und Ausdrucksstärke einer wortgewandten Autorin.
Das nächste Buch Paula Daly’s kann nur besser werden!
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Montag, 9. Juni 2014
Oliver Bottini „Ein paar Tage Licht“
liva, 23:48h

Meine Bewunderung gilt dem Autor Oliver Bottini, der in diesem Krimi einmal mehr mit außerordentlich viel Recherchearbeit aufwartet. Er verbindet eine kleine Portion Fiktion mit einer großen Portion Weltpolitik um Korruption, Krieg, Terrorismus und Waffen- und Rüstungsgeschäft.
Die vielen kurzen, schnell aufeinanderfolgenden Kapitel, deren Handlung an wechselnden Schauplätzen gleichzeitig stattfinden, sind mit derart viel Information gefüllt, die den Leser leicht verwirren können. Auch die Anzahl der Figuren lässt einen ein ums andere Mal schwindeln. Dem bedeutungsschweren Wust an Information und der Verstrickung der Geschehnisse setzt der Autor am Ende des Buches ein vierzig seitiges Glossar entgegen. Aber auch das half mir nicht, die Komplexität des Inhalts voll zu erfassen. Ein bloßes politisches Interesse reicht meiner Meinung nach hier zum Verständnis nicht aus; es wird schon allerlei weltpolitisches Wissen vorausgesetzt.
Natürlich verstehe ich den Anspruch Oliver Bottinis, seiner Leserschaft die Kausalität des Ganzen aufzuzeigen, ihm muss aber auch klar sein, dass er mit der Art wie er dies tut, lediglich einen bestimmten Teil der Leser erreicht. Mich persönlich haben bereits jeweils 10 Seiten Lesen derart geistig erschöpft, dass ich immer wieder eine Pause einlegen musste. Lesevergnügen ist anders. Im Gegensatz zu manch anderen Autoren, ist es Oliver Bottini nicht gelungen, mich, als nicht versierten politischen Menschen, an die Hand zu nehmen und mich durch die vielschichtige Problematik zu führen.
Ein hochbrisanter Politthriller, dessen Niveau mich heillos überfordert hat!
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Mittwoch, 14. Mai 2014
Graeme Simsion „Das Rosie Projekt“
liva, 13:16h

Don Tilman, der ich Erzähler in diesem heiteren Roman, ist Genetiker und Universitätsprofessor in Australien. Sein Umfeld empfindet ihn als merkwürdig und eigenartig. Und tatsächlich verhält sich Don nicht normal im eigentlichen Sinne, denn er hat das Asperger Syndrom, eine leichte Form des Autismus. Das führt dazu, dass er Gefühle nicht nur nicht empfinden kann, sondern auch bei anderen nicht deuten kann, also vollkommen emotions- und empathielos ist. Außerdem fällt es Don schwer mit Ironie und Humor umzugehen. Sein Leben funktioniert lediglich nach einem bestimmten Schema. Und so hat sich der Vierzigjährige in seinem Leben gut eingerichtet. Jeder Schritt und jede Handlung sind minutiös geplant. Ein Tag verläuft wie der andere. Ein guter Tag ist einer, an dem er in seinem strikten Vorhaben nicht gestört wird. Aber eines fehlt in seinem Leben: eine Frau. Und weil Don die Formen der sozialen Interaktion so gar nicht beherrscht, entwirft er einen mehrseitigen Fragebogen für potentielle Bewerberinnen. Wer ihm am ähnlichsten ist und so die meisten Punkte aufweist, so denkt er, wird die richtige sein. Wissenschaftlich und strukturiert geht er an diese Sache heran und nennt sie sein Ehefrauen-Projekt.
Als plötzlich Rosie in sein Leben schlittert und ihn um Hilfe bei der Suche nach ihrem Vater bittet stellt er sein eigenes Projekt zunächst in den Hintergrund und widmet sich ganz dem Vaterschafts-Projekt. Obwohl Rosie als rauchende Vegetarierin, völlig chaotisch, unordentlich und strukturlos, nicht als Partnerin in Betracht kommt wird Don allmählich klar, dass es für ihn nur noch ein Projekt gibt: das Rosie-Projekt.
Dieser Roman von Graeme Simsion ist keineswegs hohe Literatur, aber ungemein unterhaltsam und kurzweilig. Auf liebvolle Art nimmt er den Leser mit in die Gedankenwelt eines Asperger Patienten. Die pragmatische Art des Protagonisten reicht von nerv tötend bis witzig, von mitleiderregend bis liebenswürdig. Stadlobers schnelle, deutliche Ausdrucksweise macht dieses Hörbuch zum Erlebnis.
Ein starkes Plädoyer fürs Anderssein!
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