Dienstag, 2. Oktober 2012
Von gehört: Uwe Tellkamp: „Der Turm“
Als das Buch 2008 erschien, dachte ich: „Nein, nicht noch ein DDR-Buch!“ Weil aber der Autor und sein Werk in aller Munde waren, habe auch ich mich etwas mit diesem Roman beschäftigt. Beim Blättern in diesem 1000 Seiten starken Buch, wurde mir klar, dass ich mit Tellkamps Erzählstil überhaupt nichts anfangen konnte. Ein heilloses Durcheinander der Episoden, abgehoben in Sprache und Ausdruck, laut anderer Rezensionen eine Überzahl an Personen und Handlungssträngen, dass ich mich entschlossen habe, es NICHT zu lesen. Frei nach meinem Motto: „Anspruchsvoll? Ja, gerne; anstrengend? Nein, danke!“

Im Kulturmagazin sprachen sie heute über eben diesen Roman: Er beschreibt das Leben in der DDR aus Sicht dreier im Bildungsbürgertum angesiedelten Personen. Fast vom Sozialismus des Landes vergessen, leben sie in einem Villenviertel in Dresden, genannt „der Turm“. Um ihre Ziele zu erreichen, sind sie gezwungen, sich dem verhassten System der DDR unterzuordnen. Generationen von Bürgern schlittern durch Staat und Stasi, beteiligen sich am Aufstand, bis 1989 auch der „letzte Turm“ fällt. Das Magazin beschreibt den Inhalt als sehr fesselnd, „eine Familiengeschichte, die unter die Haut geht.“

Jetzt wurde das Buch verfilmt und wird pünktlich zum 03.Oktober am Mittwoch und Donnerstag im Ersten ausgestrahlt. Mmmh, vielleicht ist dem Regisseur gelungen, was der Autor nicht konnte: mir den Inhalt des Romans schmackhaft zu machen, etwas Struktur in das Chaos zu bringen und mich zu unterhalten. Mmmh, vielleicht ist der Stoff doch nicht so schlecht? Ich lasse mich ja gerne belehren!

Da setz‘ ich mich doch hin, mit Chips und Wein, im Arm meinen Schatz, auf dem Schoß die Katz, und wenn der Film nicht taugt, lese ich weiter in meinem spannenden Krimi.

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Freitag, 28. September 2012
Henning Mankell: „Daisy Sisters“ Hörbuch
gelesen von Axel Millberg

Der Familienroman beschreibt drei Frauenschicksale in Schweden in der Zeit zwischen 1941-1981. Elna und Vivi nennen sich die Daisy Sisters (warum auch immer). Die eine schüchtern, die andere geradeheraus könnten sie unterschiedlich nicht sein. Elna wird vergewaltigt und trägt nach langer Überlegung das Kind aus. Die Wege der beiden Freundinnen haben sich getrennt. Doch sie werden sich Jahre später wiedersehen. Wie auch die Wünsche und Vorstellungen vom Leben Elnas unerfüllt bleiben, so torkelt auch die Tochter Eivor durchs Leben. Ebenso früh schwanger (natürlich ungewollt) bleibt auch sie abhängig von Mann und Familie. Und wie nicht anders zu erwarten, bekommt auch Linda, Elnas Enkelin, mit 18 ihr erstes Kind………..

Ein Roman so deprimierend wie langweilig; und Axel Millbergs Interpretation setzt dem Ganzen die (schwedische) Krone auf. Schrecklich! Die Protagonisten sind unstimmig in ihren Charakteren und als Leser möchte man allen Frauen in dieser Geschichte mal ordentlich in den Allerwertesten treten (sorry für die Ausdrucksweise, aber ich habe hier echt meine Zeit verschwendet).

Der auf Krimis spezialisierte Autor, und darin ist er wirklich ausgezeichnet!, mutiert hier plötzlich zum Sprachrohr drei Generationen geprügelter und vergewaltigter Frauen, für die Emanzipation ein Fremdwort bleiben wird und derer, die in Schwedens schwersten wirtschaftlichen Zeiten an unterster „Front“ kämpfen und natürlich zum staatlichen Opfer werden.

Einfach Too Much, Herr Mankell, bleiben Sie doch lieber bei Mord und Totschlag!

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Montag, 24. September 2012
Drüber gelesen: Die Bedeutung des Sprechers von Hörbuchern!
Hörbücher sind heute nicht mehr wegzudenken. Viele Bücher gibt es schon auf die Ohren, manchmal gekürzt, manchmal ungekürzt. Wobei ich die ungekürzte Fassung immer bevorzugen würde. Aber noch wichtiger scheint zu sein, von wem das Buch gelesen wird.

In einer älteren Ausgabe der Zeitschrift „Bücher“ las ich einen Bericht über ein Hörbuchunternehmen in den USA, dass neue Kunden zu gewinnen versucht (und es gelingt), indem es von Prominenten lesen lässt. Hollywoodstars wie Nicole Kidman, Dustin Hoffman und Susan Sarandon zählen zu den ganz Großen. Natürlich denkt das Unternehmen bereits weiter. Zitat: „Dank der Interpretation großer Prosa durch die besten Schauspieler wandeln wir mit diesen (….) Produktionen auf den Spuren des Kinos.“

Nach meiner Erfahrung macht nicht die Bekanntheit des Lesers ein Hörbuch aus, sondern in erster Linie der Inhalt, die Stimme und vor allem die Art des Lesens, bzw. die Interpretation. So war es ein Genuss „Die hellen Tage“ von Zsuzsa Bank zu hören. Im Augenblick lausche ich Axel Milbergs „Daisy Sisters“, geschrieben von Henning Mankell (ich werde zu gegebener Zeit über den Inhalt berichten). Dieser stottert ab und an, macht lange Pausen und betont Sätze so merkwürdig, dass sie teilweise für mich keinen Sinn mehr ergeben. Oft spule ich zurück und höre mir eine Sequenz noch einmal an. Vielleicht aber stimmt auch einfach die Chemie nicht zwischen Herrn Milberg und mir. So ist es einer älteren Dame ergangen, die ein Hörbuch wieder umtauschen wollte, weil man ihr nicht gesagt hatte, dass Martin Semmelrogge der Sprecher ist. Aus meiner Sicht irgendwie…..verständlich! Dann wäre mir Robert DeNiro als Leser doch lieber, trotz Hollywood ;))

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Freitag, 21. September 2012
Zum 50. Todestag Hermann Hesses ODER Warum nicht mal ein Gedicht?
Am 2.7.1877 in Calw/Württemberg geboren und am 09.08.1962 gestorben zählt, Hermann Hesse heute zu den bekanntesten deutschen Autoren des 20. Jahrhunderts. Er erhielt den Nobelpreis für Literatur und den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels Ein Grund mehr, über ihn nachzudenken und was von ihm zu lesen.

Komischerweise war Hesse in meiner Jugendzeit (ohne Angabe von präzisen Daten ;)) etwas in Verruf geraten, er sei ein Autor der eher Schwachen und Jämmerlichen. Eben solchen, die sich hinsetzen und Gedichte lesen, mit Taschentüchern unter der Nase und die Welt betrauern. Also nichts für im Saft stehende Teenies. Tatsächlich sollte ich Jahre später in einer durchaus schweren Phase meines Lebens eben auf diesen Autor stoßen. In einem Antiquariat fand ich einen kleinen Gedichtband von Hermann Hesse: „Die Gedichte“. Auf 850 Seiten kann man durch Jahrzehnte Hesse-Leben stöbern. Einmal angefangen, konnte ich das kleine Buch nicht mehr weglegen. Zugegeben, auch nicht ohne die eine oder andere Träne zu verdrücken und die Welt zu betrauern. Auch auf die Gefahr hin als jämmerlich und schwach abgetan zu werden, war dieses Buch zu meinem Begleiter in vielen Lebenslagen geworden. Warum kanns nicht auch mal ein Gedicht sein?

Als Einblick mein Lieblingsgedicht:

Erinnerung
Ich weiß nicht mehr wie alles kam,
Nur dass ich stummen Abschied nahm
Und stumm aus deinem Garten ritt
Und dass ich seither alle Qual
der Eifersucht und Reue litt.

Und dass ich trostlos mich vermaß,
auf unserer Liebe allen Hass
Und allen feilen Hohn zu häufen,
Und dass ich dennoch heimlich ging
Mein Leid im Becher zu ersäufen.

Darüber rann die schnelle Zeit;
In lichten Schleiern jahreweit
Liegt unser Sommertraum dahinten,
und ist nicht Tür noch Brücke mehr
den Weg dahin zurück zu finden.

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Montag, 17. September 2012
Drüber gelesen: Daniel Brühl: "Ein Tag in Barcelona"
Letzten Donnerstag las ich ein Interview in der Frankfurter Rundschau mit Daniel Brühl. Hauptsächlich ging es um sein Buch über Barcelona. Na ja, scheint ja ganz nett der Typ. Am nächsten abend dann in einer der freitäglichen Talksendungen: Daniel Brühl. Und er spricht über: sein Buch über Barcelona. Heute morgen im Morgenmagazin als Gast: Daniel Brühl! Dass er auch dort über sein neues Buch spricht, brauche ich sicher nicht zu erwähnen. Dass seine Sätze fast original diesselben waren wie in der Zeitung und im Talk war schon etwas schräg! Bei so viel Werbung in eigener Sache schwillt mir doch etwas der Kamm. Promibonus würde ich sagen und den mag ICH nicht unterstützen!
Fazit: Ich mag Daniel Brühl, ich liebe Barcelona, bin verrückt nach spanischem Essen, ABER warum sollte ich ein Buch lesen, um zu erfahren, wie dieser Schauspieler einen Tag in Barcelona verbringt?

Sollte mir eine gute Antwort entgegengebracht werden, bin ich natürlich bereit, mein Urteil zu überdenken.

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Mittwoch, 12. September 2012
Zsuzsa Bank: „Die hellen Tage“
Hörbuch Gelesen von Doris Wolters

Ein Roman ganz nach meinem Geschmack. Zsuzsa Bank erzählt vom Leben dreier Kinder, die jedes für sich einen Verlust zu beklagen haben. Jedoch ohne im Leid zu versinken erleben sie ihre Kindheit sehr lebendig und unbeschwert.
So unterschiedlich alle drei sind, so haben sie eine stille Übereinkunft getroffen, die über die Kindheit hinausgeht. Ohne viele Worte zu verlieren, ist allen klar, dass sie irgendwie zusammengehören, also beschließen sie auch später zusammen in Rom zu studieren. Doch wie es im Leben so ist, gehen ihre Wege mehr und mehr auseinander; gleichzeitig wird das Verhältnis ihrer Mütter umso inniger. Denn im Gegensatz zu ihren Kindern, erfahren sie die Nähe der anderen erst viel später. Ein Schicksalsschlag erst führt alle wieder zusammen. Anfangs scheinen die Protagonisten des Romans wie ein großer untrennbarer Klumpen, der sich dann doch in einzelne Existenzen teilt, um ihn am Schluss in neuer Form wieder zusammenzusetzen.
Für Liebhaber der deutschen Sprache ein echtes Schmankerl. Die Sätze sind einfach ein Erlebnis, welche den Inhalt, ohne ihn schmälern zu wollen, in den Hintergrund rücken lässt. Jeder einzelne so ausdrucksstark, das man ihn am liebsten noch einmal hören möchte.
Das Hörbuch war für mich ein absoluter Genuss. Balsam für die Seele. Traurig schön ohne dramatisch zu sein!

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Rachel Joyce: „Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry“
Ein Mann, unscheinbar und bescheiden, geht tausende von Meilen quer durch England, um eine lang zurückliegende Schuld zu begleichen. Was als „ich geh mal zum Briefkasten“ beginnt wird bald als Leben verändernde Reise fortgeführt. Meile um Meile begleitet der Leser Harold Fry ohne so richtig zu erfassen, worum es ihm und der Autorin wirklich geht. Wer etwas Geduld und Einfühlungsvermögen mitbringt, wird durchaus belohnt mit einer guten Unterhaltung, die nicht nur an der Oberfläche bleibt, auch wenn es manchmal den Anschein hat, Rachel Joyce wisse nicht mehr genau, wo es langgeht. Aber sie weiß es, wie Harold Fry auch. Innerhalb einer mehrwöchigen Zeitspanne werden wir Zeuge eines Lebens, das mit all seinen Facetten so normal scheint und doch gleichzeitig so ungewöhnlich ist. Harold geht diesen Weg für sich, wie er anfangs betont, ohne zu ahnen welche Auswirkungen sein Tun auf seine unmittelbare Umwelt hat. Am Ende haben alle von seiner Anstrengung profitiert.

Das Buch war für mich eine erfrischende, mal zum Lachen aber auch zum Tränen wegwischende, Überraschung. Wer sich voll und ganz auf Harold und sein Leben einlassen kann, wird gut und rührend unterhalten. Für mich ein sommerlicher Büchertipp mit Tiefgang!

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Stewart O'Nan: „Alle, alle lieben dich“ TB
Kim steht kurz vor ihrem großen Traum: nach dem Sommer geht sie endlich aufs Kollege; kann der langweiligen, spießigen Kleinstadt, sowie ihrem Elternhaus entfliehen. Sie jobt in einem Schnellrestaurant und verbringt viel Zeit mit Freunden. Doch zur Verabredung zum Schwimmen am Fluss kommt sie nicht.
Das Verschwinden Kims führt zu einer Massenhysterie in der ganzen Stadt. Alle sind im Aufruhr. In hektischer Geschäftigkeit stürzt sich die Mutter in Suchaktionen unterstützt von ihrer Freundin, die sie in ihrem Tun immer mehr anheizt. Plakate werden gedruckt, Fernsehauftritte organisiert, während Kims Vater und Schwester leiden.
In diesem Krimi steht nicht der Betroffene im Vordergrund, ebenso wenig wie die Polizei, sondern das Umfeld des Geschehens. Wie geht wer mit der Situation um, wer weiß etwas, wer verschweigt wichtiges?
Während des gesamten Lesens beschlich mich ein irgendwie ungutes Gefühl, kein Gruseln oder rätseln wie ich es sonst kenne, sondern etwas Unterschwelliges, nicht Greifbares.
Es sind mehr die Sätze zwischen den Zeilen, die dieses Buch lesenswert machen. Das, was nicht gesagt wird, was jeder für sich zu behalten glaubt zu müssen. Am Ende muss sich der Leser wirklich fragen, um wen es eigentlich geht? Um jeden selbst scheint die Antwort.

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