Dienstag, 10. September 2013
Wolfram Fleischhauer „Schweigend steht der Wald“
liva, 14:18h
Das ist mal wieder ein Krimi nach meinem Geschmack! Gerade eben zu Ende gelesen bin ich noch ganz benommen und angespannt. Hier kommt man nicht zum Durchatmen. Mit viel Gespür und geschickter Raffinesse ausgestattet bietet uns Wolfram Fleischhauer hier ein ganz besonderes Schmankerl. Nicht in üblicher Krimimanier, Mord-Leiche-Kommissar, sondern mal ganz anders. Beginnend mit Anja Grimm, Forststudentin:
Das Verschwinden des Vaters vor 20 Jahren hat nicht nur bei der Mutter sondern auch bei Anja Spuren hinterlassen. Während die Mutter nach einem missglückten Suizid zuhause betreut werden muss, nimmt Anja einen Praktikumsplatz in der Forstverwaltung Waldmünchen an. Ganz in der Nähe des Ortes, in dem sie als Kind mit ihren Eltern die Sommerferien verbracht hat. Ihr Vater war Biologielehrer und an Fauna und Flora sehr interessiert. Im nahegelegenen Wald verschwand er dann für immer. Da war Anja acht. Und in eben diesem Wald nimmt Anja jetzt Bodenproben und stößt dabei nicht nur auf ihre Vergangenheit und auf alte Bekannte, sondern entdeckt Auffälligkeiten in der Bodenbeschaffung. Und damit kommt ein Stein ins Rollen, der nicht mehr aufzuhalten ist. Die Bevölkerung ist zunehmend beunruhigt, lang Vergessenes tritt wieder an die Oberfläche, zum Leidwesen aller Beteiligten. Was geschah damals und ist es wirklich sinnvoll, lange Verdrängtes und Verloschenes aufzudecken? Denn was befindet sich darunter?
Mit ihrem Wissen sieht Anja mehr als andere, blickt tief in die Erde des Waldes und in die Vergangenheit. Die Atmosphäre dessen wird in jeder Seite des Romans spürbar; die sich zuspitzende, feindliche Gesinnung den Dorfbewohnern gegenüber und in den Familien untereinander greifbar. Familienverhältnisse gibt der Autor häppchenweise preis, so dass langsam ein Bild der Zusammenhänge entsteht. Die Charaktere sind glaubhaft und interessant beschrieben und lassen den Leser an deren Innenleben lebhaft teilhaben. Man bleibt, wie die Protagonistin selbst, lange im Unklaren über das was passiert ist. Auch Anja weiß am Ende, dass manchmal etwas nicht zu tun ebenso sträflich sein kann wie etwas zu tun.
Fesselnd und unterhaltsam besticht dieser Krimi mit Psychologie und Einfühlung. So bildlich erzählt, dass man glaubt, man steht im Wald ;-)
Erfrischend anders, erfrischend knackig, erfrischend deutsch!
http://www.wolfram-fleischhauer.de
Das Verschwinden des Vaters vor 20 Jahren hat nicht nur bei der Mutter sondern auch bei Anja Spuren hinterlassen. Während die Mutter nach einem missglückten Suizid zuhause betreut werden muss, nimmt Anja einen Praktikumsplatz in der Forstverwaltung Waldmünchen an. Ganz in der Nähe des Ortes, in dem sie als Kind mit ihren Eltern die Sommerferien verbracht hat. Ihr Vater war Biologielehrer und an Fauna und Flora sehr interessiert. Im nahegelegenen Wald verschwand er dann für immer. Da war Anja acht. Und in eben diesem Wald nimmt Anja jetzt Bodenproben und stößt dabei nicht nur auf ihre Vergangenheit und auf alte Bekannte, sondern entdeckt Auffälligkeiten in der Bodenbeschaffung. Und damit kommt ein Stein ins Rollen, der nicht mehr aufzuhalten ist. Die Bevölkerung ist zunehmend beunruhigt, lang Vergessenes tritt wieder an die Oberfläche, zum Leidwesen aller Beteiligten. Was geschah damals und ist es wirklich sinnvoll, lange Verdrängtes und Verloschenes aufzudecken? Denn was befindet sich darunter?
Mit ihrem Wissen sieht Anja mehr als andere, blickt tief in die Erde des Waldes und in die Vergangenheit. Die Atmosphäre dessen wird in jeder Seite des Romans spürbar; die sich zuspitzende, feindliche Gesinnung den Dorfbewohnern gegenüber und in den Familien untereinander greifbar. Familienverhältnisse gibt der Autor häppchenweise preis, so dass langsam ein Bild der Zusammenhänge entsteht. Die Charaktere sind glaubhaft und interessant beschrieben und lassen den Leser an deren Innenleben lebhaft teilhaben. Man bleibt, wie die Protagonistin selbst, lange im Unklaren über das was passiert ist. Auch Anja weiß am Ende, dass manchmal etwas nicht zu tun ebenso sträflich sein kann wie etwas zu tun.
Fesselnd und unterhaltsam besticht dieser Krimi mit Psychologie und Einfühlung. So bildlich erzählt, dass man glaubt, man steht im Wald ;-)
Erfrischend anders, erfrischend knackig, erfrischend deutsch!
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Montag, 3. Juni 2013
Camilla Läckberg „Der Leuchtturmwärter“
liva, 18:56h
Kriminalkommissar Patrik Hedström und seine Familie erholen sich von einem schweren Autounfall und der viel zu frühen Geburt der Zwillinge. Doch schon nach einigen Wochen ruft die Arbeit. Patrik will es ruhig angehen lassen. Als er gleich darauf zu einem Mord gerufen wird, sind alle guten Vorsätze vergessen.
Ein Mann wird erschossen in seiner Wohnung gefunden. Ein Mann, über den alle nur Gutes zu berichten haben. Nur träge ergibt sich ein Bild des Ermordeten Matte Servin. Erst seit kurzer Zeit ist dieser wieder in seiner Heimatstadt Fjällbacka angekommen und hat einen gut bezahlten Job bei der Gemeinde, in der er sich um die Finanzierung eines großen Projektes kümmert. Ganz Fjällbacka ist in Aufruhr deswegen. Doch die Spur führt die Polizei weiter in die Vergangenheit, als Matte in einem Frauenhaus in Göteborg tätig war. Ein Zwischenfall jedoch, der lange unklar bleibt, sorgte für die Rückkehr in das kleine Hafenstädtchen, in dem er aufgewachsen ist. Dort trifft er auf seine alte Freundin Annie, die im Leuchtturm der Schäreninsel Graskär, der Geisterinsel, wie man sie überall nennt, eine Zuflucht vor ihrem Mann gefunden hat. Eine längst vergessene Liebe entflammt wieder, doch noch in derselben Nacht wird Matte erschossen.
Erika, frisch gebackene Zwillingsmutter und Frau von Kommissar Hedström, geht nicht so ganz auf in ihrer neuen Rolle. Als Schriftstellerin ist ihr die Neugierde in die Wiege gelegt und so kann sie es auch diesmal nicht lassen, sich nur ein "klein wenig" in die laufenden Ermittlungen einzumischen. Schließlich sind Annie und Matte alte Schulfreunde gewesen. Also recherchiert sie zunächst ein bisschen über die sagenumwobene „Insel des Leuchtturmwärters“ und kommt so unwissentlich der ganzen verworrenen Geschichte näher als ihr lieb ist.
Im bereits siebten Krimi um Kommissar Hedström und seiner Frau Erika läuft Camilla Läckberg zur Höchstform auf. Spannende 480 Seiten, die auf die letzten zehn noch mal richtig anziehen, so dass ich diese mit vor Staunen geöffnetem Mund gelesen habe. Und das kommt nicht oft vor bei mir! Der Roman ist sehr vielschichtig. Überall in Fjällbacka und der Umgebung passieren Dinge gleichzeitig, sodass der Leser nie weiß, ob es gerade mit dem Fall zu tun hat oder nicht. Obwohl etliche Personen und eine Unmenge Schauplätze in die Geschichte involviert sind, verliert man doch zu keiner Zeit den Überblick. Das muss man Camilla Läckberg erst einmal nachmachen. Respekt!
Ein Mann wird erschossen in seiner Wohnung gefunden. Ein Mann, über den alle nur Gutes zu berichten haben. Nur träge ergibt sich ein Bild des Ermordeten Matte Servin. Erst seit kurzer Zeit ist dieser wieder in seiner Heimatstadt Fjällbacka angekommen und hat einen gut bezahlten Job bei der Gemeinde, in der er sich um die Finanzierung eines großen Projektes kümmert. Ganz Fjällbacka ist in Aufruhr deswegen. Doch die Spur führt die Polizei weiter in die Vergangenheit, als Matte in einem Frauenhaus in Göteborg tätig war. Ein Zwischenfall jedoch, der lange unklar bleibt, sorgte für die Rückkehr in das kleine Hafenstädtchen, in dem er aufgewachsen ist. Dort trifft er auf seine alte Freundin Annie, die im Leuchtturm der Schäreninsel Graskär, der Geisterinsel, wie man sie überall nennt, eine Zuflucht vor ihrem Mann gefunden hat. Eine längst vergessene Liebe entflammt wieder, doch noch in derselben Nacht wird Matte erschossen.
Erika, frisch gebackene Zwillingsmutter und Frau von Kommissar Hedström, geht nicht so ganz auf in ihrer neuen Rolle. Als Schriftstellerin ist ihr die Neugierde in die Wiege gelegt und so kann sie es auch diesmal nicht lassen, sich nur ein "klein wenig" in die laufenden Ermittlungen einzumischen. Schließlich sind Annie und Matte alte Schulfreunde gewesen. Also recherchiert sie zunächst ein bisschen über die sagenumwobene „Insel des Leuchtturmwärters“ und kommt so unwissentlich der ganzen verworrenen Geschichte näher als ihr lieb ist.
Im bereits siebten Krimi um Kommissar Hedström und seiner Frau Erika läuft Camilla Läckberg zur Höchstform auf. Spannende 480 Seiten, die auf die letzten zehn noch mal richtig anziehen, so dass ich diese mit vor Staunen geöffnetem Mund gelesen habe. Und das kommt nicht oft vor bei mir! Der Roman ist sehr vielschichtig. Überall in Fjällbacka und der Umgebung passieren Dinge gleichzeitig, sodass der Leser nie weiß, ob es gerade mit dem Fall zu tun hat oder nicht. Obwohl etliche Personen und eine Unmenge Schauplätze in die Geschichte involviert sind, verliert man doch zu keiner Zeit den Überblick. Das muss man Camilla Läckberg erst einmal nachmachen. Respekt!
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Donnerstag, 25. April 2013
Cathi Unsworth „Opfer“
liva, 15:00h
Sean Ward, körperlich angeschlagen, ist aus dem aktiven Polizeidienst ausgeschieden. Als Privatdetektiv schickt ihn eine Anwältin in ein nordenglisches Küstendorf, in dem 20 Jahre zuvor ein Mord geschehen ist.
Corinne Woodrow, angebliche Hohepriesterin eines Satanskults, sitzt seitdem in Haft. Eine neue DNA-Analyse soll jetzt helfen, den Fall nochmals aufzurollen, um die wahren Umstände ans Licht zu bringen. Doch nicht jeder in Ernemouth ist an einer neuen Untersuchung interessiert; ganz im Gegenteil. Die Bewohner dachten endlich die schreckliche Geschichte hinter sich gelassen zu haben und wehren sich zunächst gegen neue Ermittlungen.
Sean ist nicht willkommen in dem kleinen Ort und sieht sich mit der geballten Macht der örtlichen Polizei und dessen heuchlerischer Helfer konfrontiert. Erst als er die Journalistin Francesca und die eigentümliche Noj kennenlernt, findet er in ihnen die Verbündeten, die er braucht. Gemeinsam graben sie in der Geschichte der 80er Jahre, in der Teenager sich gegenseitig das Leben schwer gemacht haben, Intrigen und Feindseligkeit an der Tagesordnung waren. Aber auch als sich die ersten Punks und Grufties zeigten, sich für schwarze Magie und Übersinnliches interessierten. Schwarz gekleidet, mit bunten Punkerfrisuren und einer Vorliebe für aufwiegelnde Musik trotzten sie dem Alltag. Allen voran Samantha Lamb, die aus London zugezogenen Enkelin eines angesehenen Ehepaars. Sie bringt eine Unruhe ganz anderer Art nach Ernemouth. Lange sieht sich Sean den Machenschaften der Bevölkerung machtlos gegenüber, bis auch bei dem einen oder anderen Zweifel an der ganzen Geschichte aufkommen. Ganz langsam nur öffnet sich ein grausames Bild.
Cathi Unsworth lässt den Zeitgeist der 80er wieder aufleben, mit allem was dazu gehört. Sieht man über kleine inhaltliche und sprachliche Schwächen hinweg, hat man hier einen richtig spannenden Krimi an der Hand, der die Frage nach dem, was eigentlich damals passiert ist, bis kurz vor dem Ende des Romans offen lässt. Geschickt schlingert die Autorin zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart hin und her. Sie kommt ohne viel Blutvergießen aus, lässt dafür ihre jugendliche Protagonistin psychologisch ausgereift agieren, intrigieren und manipulieren.
Das Böse scheint überall zu sein, aber hauptsächlich in Ernemouth ;-)
Corinne Woodrow, angebliche Hohepriesterin eines Satanskults, sitzt seitdem in Haft. Eine neue DNA-Analyse soll jetzt helfen, den Fall nochmals aufzurollen, um die wahren Umstände ans Licht zu bringen. Doch nicht jeder in Ernemouth ist an einer neuen Untersuchung interessiert; ganz im Gegenteil. Die Bewohner dachten endlich die schreckliche Geschichte hinter sich gelassen zu haben und wehren sich zunächst gegen neue Ermittlungen.
Sean ist nicht willkommen in dem kleinen Ort und sieht sich mit der geballten Macht der örtlichen Polizei und dessen heuchlerischer Helfer konfrontiert. Erst als er die Journalistin Francesca und die eigentümliche Noj kennenlernt, findet er in ihnen die Verbündeten, die er braucht. Gemeinsam graben sie in der Geschichte der 80er Jahre, in der Teenager sich gegenseitig das Leben schwer gemacht haben, Intrigen und Feindseligkeit an der Tagesordnung waren. Aber auch als sich die ersten Punks und Grufties zeigten, sich für schwarze Magie und Übersinnliches interessierten. Schwarz gekleidet, mit bunten Punkerfrisuren und einer Vorliebe für aufwiegelnde Musik trotzten sie dem Alltag. Allen voran Samantha Lamb, die aus London zugezogenen Enkelin eines angesehenen Ehepaars. Sie bringt eine Unruhe ganz anderer Art nach Ernemouth. Lange sieht sich Sean den Machenschaften der Bevölkerung machtlos gegenüber, bis auch bei dem einen oder anderen Zweifel an der ganzen Geschichte aufkommen. Ganz langsam nur öffnet sich ein grausames Bild.
Cathi Unsworth lässt den Zeitgeist der 80er wieder aufleben, mit allem was dazu gehört. Sieht man über kleine inhaltliche und sprachliche Schwächen hinweg, hat man hier einen richtig spannenden Krimi an der Hand, der die Frage nach dem, was eigentlich damals passiert ist, bis kurz vor dem Ende des Romans offen lässt. Geschickt schlingert die Autorin zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart hin und her. Sie kommt ohne viel Blutvergießen aus, lässt dafür ihre jugendliche Protagonistin psychologisch ausgereift agieren, intrigieren und manipulieren.
Das Böse scheint überall zu sein, aber hauptsächlich in Ernemouth ;-)
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Donnerstag, 4. April 2013
J.R.Bechtle „Hotel Van Gogh“
liva, 13:30h
Eine rasante Geschichte, die uns Herr Bechtle da erzählt: In einem kleinen Ort in der Nähe von Paris kämpft der angeschossene Vincent Van Gogh um sein Leben. Im Zimmer einer Pension empfängt der Sterbende noch einen Arzt und seinen geliebten Bruder Theo bevor sein bis dahin erfolgloses Leben zu Ende geht. Der Bruder soll nun die Bilder in seiner Galerie dem Kunstmarkt näherbringen. Das misslingt, denn die Pariser Gesellschaft kann sich mit der neuen Idee des Holländers, Farben und Formen einzusetzen so gar nicht anfreunden.
Mehr als hundert Jahre später benachrichtigt die Gendarmerie von Auvers Sabine Bucher in Frankfurt über den rätselhaften Selbstmord ihres Onkels Arthur Heller. Dieser wurde tot im Sterbezimmer Van Goghs gefunden. Auch er mit einer Schusswunde. Obwohl Sabine in den letzten Jahren keinen Kontakt zum Bruder ihrer Mutter hatte, fliegt sie nach Paris, um sich ein eigenes Bild zu machen. Dort erfährt sie unter anderem, dass Arthur versucht hat, als Schriftsteller Fuß zu fassen. Doch auch er scheiterte, wie damals Van Gogh.
Diese beiden Erzählstränge wechseln sich in diesem Krimi ab. Mitten im 300 Seiten schwachen Buch findet man fast hundert Seiten Tagebucheintragungen des vermeintlich gescheiterten Schriftstellers Arthur Heller. In diesen endlosen Beschreibungen versucht der Ich-Erzähler unermüdlich sein Manuskript an einen Verlag zu bringen. Immer wieder schreibt er neue, schickt sie ein und erhält Absagen. Ich war beim Lesen eines Krimis selten so gelangweilt! Auch sprachlich schafft es Herr Bechtle nicht, mich hinterm warmen Ofen hervorzulocken. Zu umgangssprachlich und plump liest sich dieser Roman. Mit Themen wie Malerei, Geschichte, Islam, Terrorismus und noch einigen mehr, ist er maßlos überfrachtet und verstrickt sich selbst in den verschiedenen Ideen des Autors.
Mit Abstand das schlechteste Buch, das ich im letzten Jahr gelesen habe!
Mehr als hundert Jahre später benachrichtigt die Gendarmerie von Auvers Sabine Bucher in Frankfurt über den rätselhaften Selbstmord ihres Onkels Arthur Heller. Dieser wurde tot im Sterbezimmer Van Goghs gefunden. Auch er mit einer Schusswunde. Obwohl Sabine in den letzten Jahren keinen Kontakt zum Bruder ihrer Mutter hatte, fliegt sie nach Paris, um sich ein eigenes Bild zu machen. Dort erfährt sie unter anderem, dass Arthur versucht hat, als Schriftsteller Fuß zu fassen. Doch auch er scheiterte, wie damals Van Gogh.
Diese beiden Erzählstränge wechseln sich in diesem Krimi ab. Mitten im 300 Seiten schwachen Buch findet man fast hundert Seiten Tagebucheintragungen des vermeintlich gescheiterten Schriftstellers Arthur Heller. In diesen endlosen Beschreibungen versucht der Ich-Erzähler unermüdlich sein Manuskript an einen Verlag zu bringen. Immer wieder schreibt er neue, schickt sie ein und erhält Absagen. Ich war beim Lesen eines Krimis selten so gelangweilt! Auch sprachlich schafft es Herr Bechtle nicht, mich hinterm warmen Ofen hervorzulocken. Zu umgangssprachlich und plump liest sich dieser Roman. Mit Themen wie Malerei, Geschichte, Islam, Terrorismus und noch einigen mehr, ist er maßlos überfrachtet und verstrickt sich selbst in den verschiedenen Ideen des Autors.
Mit Abstand das schlechteste Buch, das ich im letzten Jahr gelesen habe!
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Mittwoch, 9. Januar 2013
Helene Tursten „Im Schutz der Schatten“
liva, 12:05h
Ein Mann verbrennt bei lebendigem Leibe im stillgelegten Hafenviertel. Da der „Tatort“ nahe des ehemaligen Clubgebäudes einer Göteborger Motorradgang liegt, geht die Polizei zunächst von einem Bandenkrieg aus. Hauptkommissarin Irene Huss ermittelt und stößt bald auf Ungereimtheiten. Als dann im Auto ihres Ehemannes eine Bombe explodiert, wird die Sache komplizierter. Plötzlich wird es zu einem privaten Intermezzo. Krister Huss ist erst seit kurzer Zeit neuer Besitzer des Restaurants, indem er lange Jahre gearbeitet hatte. Sein ehemaliger Chef ist spurlos verschwunden. Was hatte der mit alledem zu tun?
Um ihre Familie in Sicherheit zu wissen, entwickelt Irene Huss einen Plan. Sie will ungestört am Fall arbeiten können, ohne sich Sorgen um ihre Liebsten machen zu müssen. Lange gibt es keine Spur, doch dann verdichten sich die Beweise. Nach dem Mord des Gangoberhauptes eines anderen Motorradclubs und dem gewaltsamen Tod eines Zeugen, ist die Polizei der Aufklärung nahe.
Helene Tursten zu lesen ist immer wie alte Bekannte wiederzutreffen. Man kennt die sympathischen Protagonisten mittlerweile schon sehr gut und ist gespannt, wie es mit ihnen weitergeht. Die Krimis sind immer nahe am Weltgeschehen, greifen aktuelle Themen auf und sind klassisch aufgebaut. Der Leser nimmt Teil am beruflichen wie am privaten Leben der Hauptakteurin Irene Huss und gehört schon fast zur Familie ;) Nach dem gefühlten fünfzigsten Huss-Krimi nicht mehr sonderlich überraschend, aber gute Unterhaltung bietet die Geschichte allemal!
Bei Tursten weiß man, was man kriegt: nicht mehr, aber eben auch nicht weniger!
Um ihre Familie in Sicherheit zu wissen, entwickelt Irene Huss einen Plan. Sie will ungestört am Fall arbeiten können, ohne sich Sorgen um ihre Liebsten machen zu müssen. Lange gibt es keine Spur, doch dann verdichten sich die Beweise. Nach dem Mord des Gangoberhauptes eines anderen Motorradclubs und dem gewaltsamen Tod eines Zeugen, ist die Polizei der Aufklärung nahe.
Helene Tursten zu lesen ist immer wie alte Bekannte wiederzutreffen. Man kennt die sympathischen Protagonisten mittlerweile schon sehr gut und ist gespannt, wie es mit ihnen weitergeht. Die Krimis sind immer nahe am Weltgeschehen, greifen aktuelle Themen auf und sind klassisch aufgebaut. Der Leser nimmt Teil am beruflichen wie am privaten Leben der Hauptakteurin Irene Huss und gehört schon fast zur Familie ;) Nach dem gefühlten fünfzigsten Huss-Krimi nicht mehr sonderlich überraschend, aber gute Unterhaltung bietet die Geschichte allemal!
Bei Tursten weiß man, was man kriegt: nicht mehr, aber eben auch nicht weniger!
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Dienstag, 23. Oktober 2012
Hakan Nesser: „Am Abend des Mordes“
liva, 19:24h
„Nein, es kommt wahrlich nie wie gedacht.“ Das könnte der Titel dieser Kriminalgeschichte sein. Denn für Kommissar Gunnar Barbarotti läuft es diesmal wirklich anders. Er trauert um seine kürzlich verstorbene Frau Marianne und wird deshalb, um ihn zu schonen, einem alten Fall zugeteilt, einem „cold case“, der keine Aussicht auf Klärung verspricht. Vor fünf Jahren verschwindet ein Mann spurlos. Die Polizei ermittelt ohne Erfolg und stellt die Fahndung nach Arnold Morinder ein. Barbarotti beginnt nur halbherzig sich in die alten Akten einzulesen und entdeckt Merkwürdigkeiten. Morinders Lebensgefährtin Ellen Bjarnebo hat vor zwanzig Jahren ihren Mann umgebracht, ihn zerstückelt und dafür in Haft gesessen.
Barbarottis Kollegin Backmann bearbeitet gleichzeitig den Tod eines Politikers. Auch sie trauert. Denn Marianne war ihre langjährige Freundin. Beide Kriminalisten versuchen den Schmerz des Verlustes zu verarbeiten und eben ihre Arbeit zu tun, jeder auf seine Art.
Am Ende kommt wahrlich alles anders als gedacht!
Hakan Nesser lässt seinen Protagonisten Barbarotti in diesem Buch noch einmal mehr grübeln und über die Welt simulieren. Er lässt ihn Gespräche mit Gott führen und ihn seine verstorbene Frau treffen, nicht nur im Traum. Wir werden Zeugen seiner Gedanken und Empfindungen:
„Er spürte, wie sich die Gefühle aus Licht und Dunkel in seinem Inneren umverteilten. Oder vielmehr, dass sich ein dünner Lichtstreif versuchte, sich mit all dem Dunkeln zu vermischen. Zwei Tropfen Milch in einem schwarzen, sehr schwarzen Kaffee…wie hieß das noch? Macchiato?“
Einfühlsam schlingert der Autor zwischen Mord, Tod und Trauer. Und kriegt am Ende die Kurve, wie es bei Hakan Nesser eben immer so ist. Er nimmt den Leser an die Hand, führt ihn in eine bestimmte Richtung, um ihn am Ende staunend und kopfschüttelnd zurückzulassen.
Meisterhaft!
Barbarottis Kollegin Backmann bearbeitet gleichzeitig den Tod eines Politikers. Auch sie trauert. Denn Marianne war ihre langjährige Freundin. Beide Kriminalisten versuchen den Schmerz des Verlustes zu verarbeiten und eben ihre Arbeit zu tun, jeder auf seine Art.
Am Ende kommt wahrlich alles anders als gedacht!
Hakan Nesser lässt seinen Protagonisten Barbarotti in diesem Buch noch einmal mehr grübeln und über die Welt simulieren. Er lässt ihn Gespräche mit Gott führen und ihn seine verstorbene Frau treffen, nicht nur im Traum. Wir werden Zeugen seiner Gedanken und Empfindungen:
„Er spürte, wie sich die Gefühle aus Licht und Dunkel in seinem Inneren umverteilten. Oder vielmehr, dass sich ein dünner Lichtstreif versuchte, sich mit all dem Dunkeln zu vermischen. Zwei Tropfen Milch in einem schwarzen, sehr schwarzen Kaffee…wie hieß das noch? Macchiato?“
Einfühlsam schlingert der Autor zwischen Mord, Tod und Trauer. Und kriegt am Ende die Kurve, wie es bei Hakan Nesser eben immer so ist. Er nimmt den Leser an die Hand, führt ihn in eine bestimmte Richtung, um ihn am Ende staunend und kopfschüttelnd zurückzulassen.
Meisterhaft!
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Freitag, 5. Oktober 2012
Tana French: „Schattenstill“
liva, 20:12h
Eine Neubausiedlung in der Nähe von Dublin: Eine junge Familie wird ermordet aufgefunden. Einzige Überlebende ist die Mutter, die mit schwersten Verletzungen in eine Klinik gebracht wird. Die beiden Kinder erstickt, der Vater erstochen. Am Tatort bietet sich ein außergewöhnliches Bild. Überall stehen Babyphone, die Wände sind mit Löchern übersäht und den Eingang zum Speicher verschließt ein Stacheldrahtzaun. Der beste Ermittler der Dubliner Polizei soll das Verbrechen aufklären. Ihm wird ein junger, unerfahrener Detektiv zur Seite gestellt. Für Mike Kennedy scheint der Fall ganz klar, schließlich ist er gut in seinem Job, was er immer wieder betont. Und so verhaftet er in kürzester Zeit einen Mann, der direkt gegenüber der Familie Spain, den Opfern, sein Lager in einem Rohbau aufgeschlagen hat. Der frischgebackene Detektiv Richie Curran scheint sich zu einem guten Partner zu entwickeln, bis er dem Erfahrenen widerspricht und seine Vorgehensweise hinterfragt. Die Kluft zwischen den beiden wird größer, das Rätsel fast unlösbar. Was ist an diesem Montagmorgen in diesem sonst so idyllischen Zuhause geschehen?
Tana French schreibt hier nicht nur einen Krimi im herkömmlichen Sinne, sie verfasst ein Dossier menschlicher Abgründe, der Frage zwischen Wahnsinn und Schuld, ein Abwägen zwischen Gerechtigkeit und Justiz und schickt den Leser auf eine spannende Reise bis zur letzten Seite. Detektiv Kennedy, der Ich-Erzähler des Romans, kommt als oberflächlich, arrogant und absolut selbstverliebt daher, doch im Laufe der Geschichte wird er von Selbstzweifeln geplagt. Er hinterfragt sich, seine Vergangenheit, sein Leben und sein Tun. Und das macht ihn sympathisch. Tana French schlüpft so feinfühlig und intelligent in die Charaktere, spinnt ein Psychogramm der Beteiligten, und lässt mich mit Fragen nach Moral und der Grenze zwischen dem, was sein darf, sein muss und sein kann, zurück. DAUMEN HOCH!
Ein Muss für Fans psychologischer Krimis und Kurzweil!
Außerdem zu empfehlen: die drei Vorgänger von Tana French : „Grabesgrün“, „Totenstill“ und „Sterbenskalt“!
Tana French schreibt hier nicht nur einen Krimi im herkömmlichen Sinne, sie verfasst ein Dossier menschlicher Abgründe, der Frage zwischen Wahnsinn und Schuld, ein Abwägen zwischen Gerechtigkeit und Justiz und schickt den Leser auf eine spannende Reise bis zur letzten Seite. Detektiv Kennedy, der Ich-Erzähler des Romans, kommt als oberflächlich, arrogant und absolut selbstverliebt daher, doch im Laufe der Geschichte wird er von Selbstzweifeln geplagt. Er hinterfragt sich, seine Vergangenheit, sein Leben und sein Tun. Und das macht ihn sympathisch. Tana French schlüpft so feinfühlig und intelligent in die Charaktere, spinnt ein Psychogramm der Beteiligten, und lässt mich mit Fragen nach Moral und der Grenze zwischen dem, was sein darf, sein muss und sein kann, zurück. DAUMEN HOCH!
Ein Muss für Fans psychologischer Krimis und Kurzweil!
Außerdem zu empfehlen: die drei Vorgänger von Tana French : „Grabesgrün“, „Totenstill“ und „Sterbenskalt“!
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Mittwoch, 12. September 2012
Stewart O'Nan: „Alle, alle lieben dich“ TB
liva, 12:49h
Kim steht kurz vor ihrem großen Traum: nach dem Sommer geht sie endlich aufs Kollege; kann der langweiligen, spießigen Kleinstadt, sowie ihrem Elternhaus entfliehen. Sie jobt in einem Schnellrestaurant und verbringt viel Zeit mit Freunden. Doch zur Verabredung zum Schwimmen am Fluss kommt sie nicht.
Das Verschwinden Kims führt zu einer Massenhysterie in der ganzen Stadt. Alle sind im Aufruhr. In hektischer Geschäftigkeit stürzt sich die Mutter in Suchaktionen unterstützt von ihrer Freundin, die sie in ihrem Tun immer mehr anheizt. Plakate werden gedruckt, Fernsehauftritte organisiert, während Kims Vater und Schwester leiden.
In diesem Krimi steht nicht der Betroffene im Vordergrund, ebenso wenig wie die Polizei, sondern das Umfeld des Geschehens. Wie geht wer mit der Situation um, wer weiß etwas, wer verschweigt wichtiges?
Während des gesamten Lesens beschlich mich ein irgendwie ungutes Gefühl, kein Gruseln oder rätseln wie ich es sonst kenne, sondern etwas Unterschwelliges, nicht Greifbares.
Es sind mehr die Sätze zwischen den Zeilen, die dieses Buch lesenswert machen. Das, was nicht gesagt wird, was jeder für sich zu behalten glaubt zu müssen. Am Ende muss sich der Leser wirklich fragen, um wen es eigentlich geht? Um jeden selbst scheint die Antwort.
Das Verschwinden Kims führt zu einer Massenhysterie in der ganzen Stadt. Alle sind im Aufruhr. In hektischer Geschäftigkeit stürzt sich die Mutter in Suchaktionen unterstützt von ihrer Freundin, die sie in ihrem Tun immer mehr anheizt. Plakate werden gedruckt, Fernsehauftritte organisiert, während Kims Vater und Schwester leiden.
In diesem Krimi steht nicht der Betroffene im Vordergrund, ebenso wenig wie die Polizei, sondern das Umfeld des Geschehens. Wie geht wer mit der Situation um, wer weiß etwas, wer verschweigt wichtiges?
Während des gesamten Lesens beschlich mich ein irgendwie ungutes Gefühl, kein Gruseln oder rätseln wie ich es sonst kenne, sondern etwas Unterschwelliges, nicht Greifbares.
Es sind mehr die Sätze zwischen den Zeilen, die dieses Buch lesenswert machen. Das, was nicht gesagt wird, was jeder für sich zu behalten glaubt zu müssen. Am Ende muss sich der Leser wirklich fragen, um wen es eigentlich geht? Um jeden selbst scheint die Antwort.
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