Montag, 22. Juli 2013
Jodi Picoult „In den Augen der Anderen“
Emma ist alleinerziehende Mutter zweier Söhne. Für eine regionale Zeitung in Vermont ist sie freiberuflich als „Kummerkastentante“ tätig. Hier erteilt sie jede Menge guter Ratschläge, von denen sie selbst ein paar gebrauchen könnte. Finanziell kommt sie gerade so über die Runden. Ihre gesamte Lebensenergie steckt Emma in die Erziehung ihrer Kinder, vor allem in Jacob. Er ist zwar der ältere der beiden, benötigt aber die meiste Aufmerksamkeit. Jacob leidet an einer Unterform des Autismus‘, dem Asperger-Syndrom. Das macht es ihm unmöglich Empathie zu entwickeln, Humor zu verstehen und auf „normale“ Weise mit anderen zu kommunizieren. Zeitlebens versucht Emma ihren Sohn zu schützen vor Ausgrenzung, Mobbing oder Diskriminierung. Die Krankheit verschlingt nicht nur die begrenzten finanziellen Mittel der Familie, sondern verlangt auch jedem eine Menge Geduld ab. Außergewöhnliche Regeln und Jacobs Zwänge und Eigenheiten bestimmen das Leben.

Jess, eine Pädagogikstudentin, erteilt Jacob zweimal in der Woche Unterricht in Sozialverhalten. Sie übt mit ihm Situation wie eine Unterhaltung im Restaurant oder etwa ein Kinobesuch. Sie scheint außerdem die Einzige, die Jacobs Vorliebe für Kriminaltechnik und Forensik verstehen kann. Denn auch diese Fixierung auf ein bestimmtes Thema gehört zu den umfangreichen Symptomen des Asperger-Syndroms. Als Jess sich verliebt und ihren Freund Mark immer häufiger in die Treffen mit Jacob einbezieht, kommt es zum Streit zwischen den Dreien. Jacobs Welt steht Kopf und bald darauf wird Jess tot aufgefunden.

Jacob wird festgenommen und gerät so in die Mühlen einer „neurotypischen Welt“, in der es schwer ist, sich und sein Handeln zu erklären. Denn nicht jeder glaubt an seine Unschuld.

Jodi Picoult schlingert meiner Meinung nach häufig am Abgrund zum Schund; stets mit erhobenem Zeigefinger und als Sprachrohr der Vernachlässigten und Diskriminierten. Auch das Thema in diesem Buch macht es sicher notwendig darüber zu schreiben, aber an manchen Stellen ähnelt der Inhalt einer Abhandlung über Autismus. Zu häufig sind die erschöpfenden Beschreibungen und immer wiederkehrenden Dialoge. Das Thema selbst wird mit der Zeit langweilig, nicht aber die Art, wie Jodi Picoult dieses Drama beschreibt. Überaus gekonnt lässt die Autorin all ihre Protagonisten zu Wort kommen und die Geschichte auf deren Weise erzählen. Diese Wechsel der Perspektiven, die sich auch typografisch voneinander unterscheiden, sorgen für Spannung und Kurzweil. Die langen Gerichtsszenen erinnern an John Grisham‘s Bücher. Als Krimi würde ich diesen Roman dennoch nicht beschreiben; dafür fehlt ihm einfach die Raffinesse.

Über einige Unebenheiten, Wiederholungen und Vorhersehbarkeiten sollte der Leser hinwegsehen können.


Mehr über die Autorin:
http://www.piper.de/autoren/jodi-picoult-163

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