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Dienstag, 13. November 2012
Anne Enright: „Das Familientreffen“ Hörbuch
liva, 13:03h
gelesen von Anna Thalbach
Die Irin Veronica Hegarty bereitet in ihrem Elternhaus die Beerdigung ihres Bruders vor. Ihre Mutter ist dabei nur bedingt erinnerungsfähig. Ganz anders Veronica. Immer mehr drängen sich ihr Bilder auf, von denen sie nicht sicher ist, ob sie der Wirklichkeit entsprechen. Oder passierte alles nur in ihrer Phantasie? Die Kinder der Hegarty‘s wuchsen bei den Großeltern auf. Dort macht die achtjährige Veronica eine Beobachtung, die nicht nur ihr Leben verändert. Später ist sie sich sicher, dass genau dieses Ereignis zum Selbstmord ihres Bruders geführt haben muss.
Ihre Gedanken pendeln zwischen Kindheitserinnerungen, der Ehe mit Tom, die am Abgrund steht und ihren Töchtern. Und ihr Verhältnis zu alldem. Zu ihrer Familie, ihrem Unvermögen mit ihnen zu reden. Hätte sie damals doch nur nicht geschwiegen!
Die Ich-Erzählerin verstrickt sich während des Romans in ihre eigene zurechtgerückte Welt. Sie ist nicht nur unsicher, was die Wahrheit angeht, sie scheint sie auch ganz gerne zu verdrehen, sich zeitweise in Lügengebäuden zu bewegen. Diese Zerrissenheit vermittelt Anna Thalbach sehr glaubwürdig. In einem schon fast schnodderigen Ton liest sie nicht nur, sondern versucht ihrer Protagonistin Lebendigkeit einzuhauchen.
Die Erzählabschnitte springen in der Zeit so schnell hin und her, dass es einem oft verborgen bleibt, wo sich Veronica gerade befindet; in welcher Zeit, an welchem Ort. Mag sein es lag daran, dass ich während des Hörens mehrfach in einen tiefen Schlaf gefallen bin, was aber dann auch nicht unbedingt für den Roman spricht. Anna Thalbachs Kleinmädchenstimme war für mich leider schon nach einer Stunde unerträglich. Vielleicht hätte ich doch besser das Buch selbst gelesen!
Die Irin Veronica Hegarty bereitet in ihrem Elternhaus die Beerdigung ihres Bruders vor. Ihre Mutter ist dabei nur bedingt erinnerungsfähig. Ganz anders Veronica. Immer mehr drängen sich ihr Bilder auf, von denen sie nicht sicher ist, ob sie der Wirklichkeit entsprechen. Oder passierte alles nur in ihrer Phantasie? Die Kinder der Hegarty‘s wuchsen bei den Großeltern auf. Dort macht die achtjährige Veronica eine Beobachtung, die nicht nur ihr Leben verändert. Später ist sie sich sicher, dass genau dieses Ereignis zum Selbstmord ihres Bruders geführt haben muss.
Ihre Gedanken pendeln zwischen Kindheitserinnerungen, der Ehe mit Tom, die am Abgrund steht und ihren Töchtern. Und ihr Verhältnis zu alldem. Zu ihrer Familie, ihrem Unvermögen mit ihnen zu reden. Hätte sie damals doch nur nicht geschwiegen!
Die Ich-Erzählerin verstrickt sich während des Romans in ihre eigene zurechtgerückte Welt. Sie ist nicht nur unsicher, was die Wahrheit angeht, sie scheint sie auch ganz gerne zu verdrehen, sich zeitweise in Lügengebäuden zu bewegen. Diese Zerrissenheit vermittelt Anna Thalbach sehr glaubwürdig. In einem schon fast schnodderigen Ton liest sie nicht nur, sondern versucht ihrer Protagonistin Lebendigkeit einzuhauchen.
Die Erzählabschnitte springen in der Zeit so schnell hin und her, dass es einem oft verborgen bleibt, wo sich Veronica gerade befindet; in welcher Zeit, an welchem Ort. Mag sein es lag daran, dass ich während des Hörens mehrfach in einen tiefen Schlaf gefallen bin, was aber dann auch nicht unbedingt für den Roman spricht. Anna Thalbachs Kleinmädchenstimme war für mich leider schon nach einer Stunde unerträglich. Vielleicht hätte ich doch besser das Buch selbst gelesen!
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Mittwoch, 7. November 2012
Bodo Kirchhoff „Die Liebe in groben Zügen“
liva, 14:29h
Vila und Renz führen ein wohlhabendes Leben: eine Stadtwohnung in Frankfurt, ein Sommerhaus am Gardasee, beide beim Fernsehen tätig, Geld und Porsche, an nichts fehlt es. In ihrer über 30jährigen Ehe haben sie sich gemütlich eingerichtet. Ihr ritualisiertes Dasein dreht sich um Freunde, Beruf, gelegentlichen Sex, die Sommer am See und Weihnachten in Jamaika. Beide pflegen Affären, „Weil zu wenig dagegen sprach. Und zu viel dafür.“ Aber plötzlich ist da Bühl, der Mieter des Hauses über den Winter und die gutaussehende Marlies, Producerin und Kollegin Renz‘. Und es ist Liebe. Für Vila gibt es fortan ein Bühl’sches Leben und ein Renz’sches. Nicht vereinbar, aber auch nicht trennbar.
Alles beginnt wie ein frischer Morgen, reinigend, neu, anders. Aber auch Bühl und Marlies haben eine Vorgeschichte und ein Leben, das auf verquere Weise in Verbindung zu stehen scheint. Die Hoffnung auf ein Enkelkind lassen Vila und Renz eine letzte Hoffnung auf einen Neuanfang. Doch dazu kommt es nicht. Als Marlies an Krebs erkrankt, begleitet Renz ihren Leidensweg. Vila hingegen blüht auf in ihren heimlichen Telefonaten mit dem Mieter und dem erfüllenden Sexleben mit ihrer neuen Liebe. Sie wirkt verjüngt und ausgetauscht, „nah am Glück“. Mit Bühl begibt sie sich auf eine Reise zu ihrer Tochter nach Havanna, auf den Spuren von Franz von Assisi durch Italien und in ihre Jugendzeit. Denn schon lange hat sie sich nicht mehr so jung und begehrt gefühlt. „Welche Frau will keine Venus sein mit Ende vierzig.“
Aber die Jahre mit Renz haben natürlich Spuren hinterlassen, die sie nicht einfach wegwischen kann. Wohin auch immer sich beide bewegen, Vila und Renz, gehören sie doch irgendwie zueinander.
Was ist Liebe, wo beginnt Liebe, wo endet sie? Darum geht es in diesem 700seitigen Roman. Alles, was ich dazu sagen kann, klingt farblos und hohl neben Bodo Kirchhoff’s Sprachgewaltigkeit. Sein Erzählstil in groben Zügen schafft beim Lesen eine ganz besondere Atmosphäre; als beschreibe er einzelne Bilder aus den Leben seiner Protagonisten.
Kirchhoff schreibt unglaublich schöne Sätze über Liebe, ohne auch nur im Entferntesten schnulzig zu klingen. Einfühlsam und sensibel, aber auch ungeschönt und geradeheraus spricht der Autor über das alltägliche Erleben. Über Wünsche und Sehnsüchte des Liebens und Geliebt Werdens.
Für mich hätten es gerne 100 Seiten weniger sein können. Die Hintergrundgeschichte über Franz von Assisi, sicherlich ein gelungener Einfall des Schreibers, ist meines Erachtens zwar nachvollziehbar, aber für einen solch guten Roman nicht notwendig. Wenn auch sonst thematisch ein wenig überfrachtet, steht doch eins für mich fest:
Bodo Kirchhoff trifft hier bei jedem Thema den richtigen Ton!
Absolut lesenswert!
Alles beginnt wie ein frischer Morgen, reinigend, neu, anders. Aber auch Bühl und Marlies haben eine Vorgeschichte und ein Leben, das auf verquere Weise in Verbindung zu stehen scheint. Die Hoffnung auf ein Enkelkind lassen Vila und Renz eine letzte Hoffnung auf einen Neuanfang. Doch dazu kommt es nicht. Als Marlies an Krebs erkrankt, begleitet Renz ihren Leidensweg. Vila hingegen blüht auf in ihren heimlichen Telefonaten mit dem Mieter und dem erfüllenden Sexleben mit ihrer neuen Liebe. Sie wirkt verjüngt und ausgetauscht, „nah am Glück“. Mit Bühl begibt sie sich auf eine Reise zu ihrer Tochter nach Havanna, auf den Spuren von Franz von Assisi durch Italien und in ihre Jugendzeit. Denn schon lange hat sie sich nicht mehr so jung und begehrt gefühlt. „Welche Frau will keine Venus sein mit Ende vierzig.“
Aber die Jahre mit Renz haben natürlich Spuren hinterlassen, die sie nicht einfach wegwischen kann. Wohin auch immer sich beide bewegen, Vila und Renz, gehören sie doch irgendwie zueinander.
Was ist Liebe, wo beginnt Liebe, wo endet sie? Darum geht es in diesem 700seitigen Roman. Alles, was ich dazu sagen kann, klingt farblos und hohl neben Bodo Kirchhoff’s Sprachgewaltigkeit. Sein Erzählstil in groben Zügen schafft beim Lesen eine ganz besondere Atmosphäre; als beschreibe er einzelne Bilder aus den Leben seiner Protagonisten.
Kirchhoff schreibt unglaublich schöne Sätze über Liebe, ohne auch nur im Entferntesten schnulzig zu klingen. Einfühlsam und sensibel, aber auch ungeschönt und geradeheraus spricht der Autor über das alltägliche Erleben. Über Wünsche und Sehnsüchte des Liebens und Geliebt Werdens.
Für mich hätten es gerne 100 Seiten weniger sein können. Die Hintergrundgeschichte über Franz von Assisi, sicherlich ein gelungener Einfall des Schreibers, ist meines Erachtens zwar nachvollziehbar, aber für einen solch guten Roman nicht notwendig. Wenn auch sonst thematisch ein wenig überfrachtet, steht doch eins für mich fest:
Bodo Kirchhoff trifft hier bei jedem Thema den richtigen Ton!
Absolut lesenswert!
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Dienstag, 30. Oktober 2012
Zum 80. Geburtstag der Dichterin Sylvia Plath
liva, 12:29h
Ich muss gestehen, bis vor einer Woche hatte ich den Namen noch nie gehört. Peinlich? Nein! Nichtwissen ist ja keine Schande. Frau ist ja belesen, wissensdurstig und vor allem neugierig. Ein Verlags-Newsletter hat mich auf die amerikanische Dichterin Sylvia Plath hingewiesen. Am nächsten Tag gleich ein Beitrag in der Frankfurter Rundschau, im Feuilleton. Und schon kam ich nicht mehr umhin, mich mit ihr zu beschäftigen. Ein gewisser Voyeurismus ist hier sicher nicht ganz auszuschließen, aber interessante Menschen verdienen besondere Aufmerksamkeit.
Frau Plath, 1932 in Boston geboren, hat sich im Alter von 30 Jahren das Leben genommen, nachdem sie im Amerika der 50er Jahre zur Ikone der Frauenbewegung wurde. Gedichte, Tagebücher und Texte hat sie verfasst. In ihrem einzigen Roman „Die Glasglocke“ beschreibt sie den schwierigen Lebensweg der Schülerin Esther Green. Nach Erscheinen des Buches, welches doch eigentlich ihren eigenen Kampf beschreibt, beendet die Dichterin im Februar 1963 ihr Leben.
(Quelle: Frankfurter Rundschau)
Mir bleibt nun nichts anderes übrig, als mich mit Büchern von Sylvia Plath einzudecken. Der Winter ist lang und die Neugierde groß. In diesem Sinne……..HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH!
Frau Plath, 1932 in Boston geboren, hat sich im Alter von 30 Jahren das Leben genommen, nachdem sie im Amerika der 50er Jahre zur Ikone der Frauenbewegung wurde. Gedichte, Tagebücher und Texte hat sie verfasst. In ihrem einzigen Roman „Die Glasglocke“ beschreibt sie den schwierigen Lebensweg der Schülerin Esther Green. Nach Erscheinen des Buches, welches doch eigentlich ihren eigenen Kampf beschreibt, beendet die Dichterin im Februar 1963 ihr Leben.
(Quelle: Frankfurter Rundschau)
Mir bleibt nun nichts anderes übrig, als mich mit Büchern von Sylvia Plath einzudecken. Der Winter ist lang und die Neugierde groß. In diesem Sinne……..HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH!
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Montag, 29. Oktober 2012
„Heimische Arten“ Teil 1: Jan Costin Wagner
liva, 17:47h
Der erste meiner Reihe „Autoren aus dem Rhein-Main-Gebiet“ ist der in Langen geborene Jan Costin Wagner.
Auf diesen, für mich genialen, Autor aufmerksam geworden bin ich 2003, als sein Buch „Eismond“ erschien. Er war damals noch ein ziemlich unbeschriebenes Blatt, zumindest hatte ICH nie von ihm gehört, obwohl er bereits einige Bücher geschrieben hatte. „Eismond“ ist der erste Krimi seiner Reihe um den finnischen Kriminalisten Kimmo Joentaa. Gleich begeistert von diesem Buch, luden wir ihn direkt zu einer Lesung in unseren damals noch bestehenden kleinen Buchladen ein. Wir waren alle begeistert vom Roman, vom Autor, von der Darbietung. Denn Jan Costin Wagner hat nicht nur überaus einnehmend gelesen, sondern zwischen den Kapiteln die Zuhörer noch mit selbstkomponierter Musik begeistert. Das besondere seiner Bücher ist nicht nur die Sprache, nein, Wagner schreibt nicht wie andere. Kein stupides Mord-Ermittlung-Aufklärung-Spiel, sondern viel psychologischer, sensibler, ja gescheiter, möchte ich fast sagen. Er schafft es, das Wesentliche seiner Charaktere hervorzuheben, was die Bücher nicht zu den üblichen Krimis zählen lässt, sondern zu einem Dokument des Inneren eines jeden Einzelnen. Für diesen Roman wurden Wagner mehrere Preise verliehen. Absolut verdient, wie ich meine!
Der Protagonist Kimmo Joentaa wie auch sein Schöpfer Jan Costin Wagner, gleichermaßen geben sie sich als eine Art Antihelden, sind derart sympathisch, dass man beiden nicht widerstehen kann.
Seine Werke der Kimmo Joentaa Reihe:
Eismond
Das Schweigen
Im Winter der Löwen
Das Licht in einem dunklen Haus
Mehr Infos unter:
http://www.jan-costin-wagner.de
Auf diesen, für mich genialen, Autor aufmerksam geworden bin ich 2003, als sein Buch „Eismond“ erschien. Er war damals noch ein ziemlich unbeschriebenes Blatt, zumindest hatte ICH nie von ihm gehört, obwohl er bereits einige Bücher geschrieben hatte. „Eismond“ ist der erste Krimi seiner Reihe um den finnischen Kriminalisten Kimmo Joentaa. Gleich begeistert von diesem Buch, luden wir ihn direkt zu einer Lesung in unseren damals noch bestehenden kleinen Buchladen ein. Wir waren alle begeistert vom Roman, vom Autor, von der Darbietung. Denn Jan Costin Wagner hat nicht nur überaus einnehmend gelesen, sondern zwischen den Kapiteln die Zuhörer noch mit selbstkomponierter Musik begeistert. Das besondere seiner Bücher ist nicht nur die Sprache, nein, Wagner schreibt nicht wie andere. Kein stupides Mord-Ermittlung-Aufklärung-Spiel, sondern viel psychologischer, sensibler, ja gescheiter, möchte ich fast sagen. Er schafft es, das Wesentliche seiner Charaktere hervorzuheben, was die Bücher nicht zu den üblichen Krimis zählen lässt, sondern zu einem Dokument des Inneren eines jeden Einzelnen. Für diesen Roman wurden Wagner mehrere Preise verliehen. Absolut verdient, wie ich meine!
Der Protagonist Kimmo Joentaa wie auch sein Schöpfer Jan Costin Wagner, gleichermaßen geben sie sich als eine Art Antihelden, sind derart sympathisch, dass man beiden nicht widerstehen kann.
Seine Werke der Kimmo Joentaa Reihe:
Eismond
Das Schweigen
Im Winter der Löwen
Das Licht in einem dunklen Haus
Mehr Infos unter:
http://www.jan-costin-wagner.de
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Donnerstag, 25. Oktober 2012
"Heimische Arten": Autoren des Rhein-Main-Gebiets
liva, 18:54h
Als ich 1987 das Rhein-Main-Gebiet als meinen neuen Wohnsitz gewählt habe, war mir noch nicht bewusst, was Frankfurt und Umgebung an hochkarätigen, ausgezeichneten Literaten zu bieten hat. Bis heute habe ich schon viele davon kennengelernt; sprich ihre Bücher gelesen und/oder sie in einer Lesung bewundern können. Einige werde ich sicherlich noch entdecken, so hoffe ich zumindest.
Es hat immer etwas Besonderes und seinen eigenen Reiz ein Buch aus der Region zu lesen, oder dessen Autor in der Nähe zu wissen. Unter den zahlreichen Veranstaltungen, die eine Stadt wie z.B. Frankfurt zu bieten hat, ist es immer möglich, den Autor auf einer Lesung „kennenzulernen“, sich das Buch signieren zu lassen und ein paar Worte mit ihm/ihr zu wechseln. Von manchen wird man enttäuscht sein, so ich jedenfalls, andere wird man später noch lieber lesen wollen. Es lohnt sich in jedem Fall, in seiner eigenen Heimat nach Entsprechungen zu suchen!
In dieser Rubrik werde ich also „Heimische Arten“, Autoren aus meiner Wahlheimat vorstellen. Keine Biographien sollen es werden, die sind überall nachzulesen. Nein, ich möchte erste Eindrücke über den Autor und seine Werke vermitteln. Und natürlich meinen persönlichen Senf dazugeben, wie es sich für eine Bloggerin gehört.
DEMNÄCHST : Teil 1
Es hat immer etwas Besonderes und seinen eigenen Reiz ein Buch aus der Region zu lesen, oder dessen Autor in der Nähe zu wissen. Unter den zahlreichen Veranstaltungen, die eine Stadt wie z.B. Frankfurt zu bieten hat, ist es immer möglich, den Autor auf einer Lesung „kennenzulernen“, sich das Buch signieren zu lassen und ein paar Worte mit ihm/ihr zu wechseln. Von manchen wird man enttäuscht sein, so ich jedenfalls, andere wird man später noch lieber lesen wollen. Es lohnt sich in jedem Fall, in seiner eigenen Heimat nach Entsprechungen zu suchen!
In dieser Rubrik werde ich also „Heimische Arten“, Autoren aus meiner Wahlheimat vorstellen. Keine Biographien sollen es werden, die sind überall nachzulesen. Nein, ich möchte erste Eindrücke über den Autor und seine Werke vermitteln. Und natürlich meinen persönlichen Senf dazugeben, wie es sich für eine Bloggerin gehört.
DEMNÄCHST : Teil 1
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Dienstag, 23. Oktober 2012
Hakan Nesser: „Am Abend des Mordes“
liva, 19:24h
„Nein, es kommt wahrlich nie wie gedacht.“ Das könnte der Titel dieser Kriminalgeschichte sein. Denn für Kommissar Gunnar Barbarotti läuft es diesmal wirklich anders. Er trauert um seine kürzlich verstorbene Frau Marianne und wird deshalb, um ihn zu schonen, einem alten Fall zugeteilt, einem „cold case“, der keine Aussicht auf Klärung verspricht. Vor fünf Jahren verschwindet ein Mann spurlos. Die Polizei ermittelt ohne Erfolg und stellt die Fahndung nach Arnold Morinder ein. Barbarotti beginnt nur halbherzig sich in die alten Akten einzulesen und entdeckt Merkwürdigkeiten. Morinders Lebensgefährtin Ellen Bjarnebo hat vor zwanzig Jahren ihren Mann umgebracht, ihn zerstückelt und dafür in Haft gesessen.
Barbarottis Kollegin Backmann bearbeitet gleichzeitig den Tod eines Politikers. Auch sie trauert. Denn Marianne war ihre langjährige Freundin. Beide Kriminalisten versuchen den Schmerz des Verlustes zu verarbeiten und eben ihre Arbeit zu tun, jeder auf seine Art.
Am Ende kommt wahrlich alles anders als gedacht!
Hakan Nesser lässt seinen Protagonisten Barbarotti in diesem Buch noch einmal mehr grübeln und über die Welt simulieren. Er lässt ihn Gespräche mit Gott führen und ihn seine verstorbene Frau treffen, nicht nur im Traum. Wir werden Zeugen seiner Gedanken und Empfindungen:
„Er spürte, wie sich die Gefühle aus Licht und Dunkel in seinem Inneren umverteilten. Oder vielmehr, dass sich ein dünner Lichtstreif versuchte, sich mit all dem Dunkeln zu vermischen. Zwei Tropfen Milch in einem schwarzen, sehr schwarzen Kaffee…wie hieß das noch? Macchiato?“
Einfühlsam schlingert der Autor zwischen Mord, Tod und Trauer. Und kriegt am Ende die Kurve, wie es bei Hakan Nesser eben immer so ist. Er nimmt den Leser an die Hand, führt ihn in eine bestimmte Richtung, um ihn am Ende staunend und kopfschüttelnd zurückzulassen.
Meisterhaft!
Barbarottis Kollegin Backmann bearbeitet gleichzeitig den Tod eines Politikers. Auch sie trauert. Denn Marianne war ihre langjährige Freundin. Beide Kriminalisten versuchen den Schmerz des Verlustes zu verarbeiten und eben ihre Arbeit zu tun, jeder auf seine Art.
Am Ende kommt wahrlich alles anders als gedacht!
Hakan Nesser lässt seinen Protagonisten Barbarotti in diesem Buch noch einmal mehr grübeln und über die Welt simulieren. Er lässt ihn Gespräche mit Gott führen und ihn seine verstorbene Frau treffen, nicht nur im Traum. Wir werden Zeugen seiner Gedanken und Empfindungen:
„Er spürte, wie sich die Gefühle aus Licht und Dunkel in seinem Inneren umverteilten. Oder vielmehr, dass sich ein dünner Lichtstreif versuchte, sich mit all dem Dunkeln zu vermischen. Zwei Tropfen Milch in einem schwarzen, sehr schwarzen Kaffee…wie hieß das noch? Macchiato?“
Einfühlsam schlingert der Autor zwischen Mord, Tod und Trauer. Und kriegt am Ende die Kurve, wie es bei Hakan Nesser eben immer so ist. Er nimmt den Leser an die Hand, führt ihn in eine bestimmte Richtung, um ihn am Ende staunend und kopfschüttelnd zurückzulassen.
Meisterhaft!
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Freitag, 19. Oktober 2012
Jennifer Haigh: „Auftauchen“
liva, 13:56h
Die McKotchs sind eine ganz normale Familie. Jedes Jahr verbringen sie ihren Urlaub mit ihren drei ganz unterschiedlichen Kindern auf Cape Cod in ihrem Ferienhaus. Was wie ein unbeschwerter Sommer 76 beginnt, endet in einer einschneidenden Veränderung aller Familienmitglieder. Bei Gwen, der Tochter, wird das Turner-Syndrom festgestellt, was ihr Wachstum hemmt und die Pubertät ausbleiben lässt. Für Gwen die Bestätigung: Sie ist eben anders. Aber sie selbst hat das schon lange gewusst und gespürt. Dafür war keine Diagnose wichtig. Diese bekennt nur ihren inneren Zustand. Die Krankheit macht ihr Anderssein lediglich sichtbar.
Für die Eltern bricht allerdings eine Welt zusammen. Während Paulette, die Mutter, sich überfürsorglich gibt, vergräbt sich Frank in seine Arbeit und versucht die Krankheit seiner Tochter auf eher nüchterne Art begreifbar zu machen. Beiden will ihr Weg damit umzugehen nicht recht gelingen und so zerbricht die Familie. Alle scheinen zu leiden, nur Gwen gelingt es, endlich aufzutauchen und ihr eigenes Leben zu führen.
Mit häufigen Wechseln der Perspektive erzählt die Autorin hier eine fesselnde Familiengeschichte, die keinesfalls als Tragödie daherkommt. Aus der Sicht jedes Einzelnen schildert sie eine Situation, mit der jeder anders umgeht, aus der jeder andere Wege geht und seine eigenen Chancen wahrnimmt. Vielleicht, so denke ich, leidet nicht der Betroffene selbst unter dem Anderssein, sondern vielmehr seine Umwelt.
"Auf Cape Cod herrscht ein zeitloser Rhythmus, unveränderlich. Eisige Wellen krachen an die Küsten. Dann kalte Wellen. Dann kühle. Die Bucht liegt da und wärmt sich an langen Tagen. Kinder mit blauen Lippen trotzen der Brandung."
(Jennifer Haigh)
Lese ich solche Sätze auf der ersten Seite eines Buches, dann hat es mich gepackt!
Für die Eltern bricht allerdings eine Welt zusammen. Während Paulette, die Mutter, sich überfürsorglich gibt, vergräbt sich Frank in seine Arbeit und versucht die Krankheit seiner Tochter auf eher nüchterne Art begreifbar zu machen. Beiden will ihr Weg damit umzugehen nicht recht gelingen und so zerbricht die Familie. Alle scheinen zu leiden, nur Gwen gelingt es, endlich aufzutauchen und ihr eigenes Leben zu führen.
Mit häufigen Wechseln der Perspektive erzählt die Autorin hier eine fesselnde Familiengeschichte, die keinesfalls als Tragödie daherkommt. Aus der Sicht jedes Einzelnen schildert sie eine Situation, mit der jeder anders umgeht, aus der jeder andere Wege geht und seine eigenen Chancen wahrnimmt. Vielleicht, so denke ich, leidet nicht der Betroffene selbst unter dem Anderssein, sondern vielmehr seine Umwelt.
"Auf Cape Cod herrscht ein zeitloser Rhythmus, unveränderlich. Eisige Wellen krachen an die Küsten. Dann kalte Wellen. Dann kühle. Die Bucht liegt da und wärmt sich an langen Tagen. Kinder mit blauen Lippen trotzen der Brandung."
(Jennifer Haigh)
Lese ich solche Sätze auf der ersten Seite eines Buches, dann hat es mich gepackt!
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Montag, 15. Oktober 2012
Von gehört: Auslese der Auslese ODER 8 aus 400000
liva, 13:40h
Die Buchmesse Frankfurt ist vorbei! Ich habe jede Information in mich eingesaugt, habe mir alles angeschaut, was es über die Buchmesse im Fernsehen gab, habe alles gelesen, was ich in Zeitungen ergattern konnte und dabei sind einige wenige Bücher für mich aus dem Rahmen gefallen. Soll heißen: die will ich lesen, die will ich haben, die schreib ich auf meinen Wunschzettel!
Quasi eine Auswahl von 8 aus 400000. Dabei habe ich mich nicht an Werbung, Bekanntheitsgrad des Autors oder Literaturpreisträger orientiert, sondern lediglich an meinem Interesse über das Thema. Jedes dieser Bücher, bzw jeder Autor hat mich in irgendeiner Weise beeindruckt oder mich neugierig gemacht. Da ich noch nicht mehr darüber erzählen kann, folgt hier nur eine Aufzählung meiner ganz persönlichen Auslese:
Wolf Haas „Der Verteidigung der Missionarsstellung“
Anthony McCarten „Ganz normale Helden“
Stephan Thome „Fliehkräfte“
Juli Zeh „Nullzeit“
Anne Enquist „Betäubung“
Anne Weber „Tal der Herrlichkeiten“
Bodo Kirchhoff „Liebe in groben Zügen“
Richard Ford „Kanada“
Quasi eine Auswahl von 8 aus 400000. Dabei habe ich mich nicht an Werbung, Bekanntheitsgrad des Autors oder Literaturpreisträger orientiert, sondern lediglich an meinem Interesse über das Thema. Jedes dieser Bücher, bzw jeder Autor hat mich in irgendeiner Weise beeindruckt oder mich neugierig gemacht. Da ich noch nicht mehr darüber erzählen kann, folgt hier nur eine Aufzählung meiner ganz persönlichen Auslese:
Wolf Haas „Der Verteidigung der Missionarsstellung“
Anthony McCarten „Ganz normale Helden“
Stephan Thome „Fliehkräfte“
Juli Zeh „Nullzeit“
Anne Enquist „Betäubung“
Anne Weber „Tal der Herrlichkeiten“
Bodo Kirchhoff „Liebe in groben Zügen“
Richard Ford „Kanada“
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Freitag, 12. Oktober 2012
Drüber gelesen: Abrechnung in Buchform
liva, 13:31h
Es scheint in Mode zu sein, eine persönliche Abrechnung mit wem auch immer in Buchform herauszubringen. So war in unserem regionalen Blatt heute Morgen ein Bericht über Jörg Kachelmann zu lesen, der pünktlich zur Buchmesse 2012 meint, ein Buch über seine Zeit in Haft vorlegen zu müssen. Ungerecht behandelt und diffamiert fühlt er sich und rechnet auf diesem Weg mit der Justiz und seiner früheren Geliebten ab.
Oder „unser Loddar“ Matthäus, der gestern in 3sat ein Interview live aus den Frankfurter Messehallen gab. Seine Biographie hat er geschrieben (bzw schreiben lassen). Mit zornigem Gesichtsausdruck und aggressivem Ton klagt er über die Medien, die sich sein ganzes Leben über ihn lustig gemacht hätten und jetzt sei es genug! Als Erklärung für seinen Lebenswandel gab er an, Zitat: „Ab und zu denke ich zu wenig nach und lasse meinen Gefühlen freien Lauf….“. Ach was?!
Natürlich sei auch die Gattin unseres früheren Bundespräsidenten zu erwähnen. Da schreibt Bettina Wulf über ihr ach so schreckliches Leben als „First Lady“, über die natürlich haltlosen Gerüchte, die die Medien verbreiten und den Druck und die Hilflosigkeit unter Beschuss zu geraten und die Regierung, die nicht hinter ihnen stand und den Vorwürfen zu Haus, Urlaub und Finanzen und und und…
Jeder dieser Autoren scheint sich unwohl in seiner Haut zu fühlen, scheint ein unbändiges Verlangen zu haben, sich der Öffentlichkeit mitzuteilen und Dinge geradezurücken. Sie wollen nicht nur Genugtuung verspüren, sondern auch noch Geld damit verdienen. Clever!
Oder „unser Loddar“ Matthäus, der gestern in 3sat ein Interview live aus den Frankfurter Messehallen gab. Seine Biographie hat er geschrieben (bzw schreiben lassen). Mit zornigem Gesichtsausdruck und aggressivem Ton klagt er über die Medien, die sich sein ganzes Leben über ihn lustig gemacht hätten und jetzt sei es genug! Als Erklärung für seinen Lebenswandel gab er an, Zitat: „Ab und zu denke ich zu wenig nach und lasse meinen Gefühlen freien Lauf….“. Ach was?!
Natürlich sei auch die Gattin unseres früheren Bundespräsidenten zu erwähnen. Da schreibt Bettina Wulf über ihr ach so schreckliches Leben als „First Lady“, über die natürlich haltlosen Gerüchte, die die Medien verbreiten und den Druck und die Hilflosigkeit unter Beschuss zu geraten und die Regierung, die nicht hinter ihnen stand und den Vorwürfen zu Haus, Urlaub und Finanzen und und und…
Jeder dieser Autoren scheint sich unwohl in seiner Haut zu fühlen, scheint ein unbändiges Verlangen zu haben, sich der Öffentlichkeit mitzuteilen und Dinge geradezurücken. Sie wollen nicht nur Genugtuung verspüren, sondern auch noch Geld damit verdienen. Clever!
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