Mittwoch, 12. September 2012
Zsuzsa Bank: „Die hellen Tage“
Hörbuch Gelesen von Doris Wolters

Ein Roman ganz nach meinem Geschmack. Zsuzsa Bank erzählt vom Leben dreier Kinder, die jedes für sich einen Verlust zu beklagen haben. Jedoch ohne im Leid zu versinken erleben sie ihre Kindheit sehr lebendig und unbeschwert.
So unterschiedlich alle drei sind, so haben sie eine stille Übereinkunft getroffen, die über die Kindheit hinausgeht. Ohne viele Worte zu verlieren, ist allen klar, dass sie irgendwie zusammengehören, also beschließen sie auch später zusammen in Rom zu studieren. Doch wie es im Leben so ist, gehen ihre Wege mehr und mehr auseinander; gleichzeitig wird das Verhältnis ihrer Mütter umso inniger. Denn im Gegensatz zu ihren Kindern, erfahren sie die Nähe der anderen erst viel später. Ein Schicksalsschlag erst führt alle wieder zusammen. Anfangs scheinen die Protagonisten des Romans wie ein großer untrennbarer Klumpen, der sich dann doch in einzelne Existenzen teilt, um ihn am Schluss in neuer Form wieder zusammenzusetzen.
Für Liebhaber der deutschen Sprache ein echtes Schmankerl. Die Sätze sind einfach ein Erlebnis, welche den Inhalt, ohne ihn schmälern zu wollen, in den Hintergrund rücken lässt. Jeder einzelne so ausdrucksstark, das man ihn am liebsten noch einmal hören möchte.
Das Hörbuch war für mich ein absoluter Genuss. Balsam für die Seele. Traurig schön ohne dramatisch zu sein!

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Rachel Joyce: „Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry“
Ein Mann, unscheinbar und bescheiden, geht tausende von Meilen quer durch England, um eine lang zurückliegende Schuld zu begleichen. Was als „ich geh mal zum Briefkasten“ beginnt wird bald als Leben verändernde Reise fortgeführt. Meile um Meile begleitet der Leser Harold Fry ohne so richtig zu erfassen, worum es ihm und der Autorin wirklich geht. Wer etwas Geduld und Einfühlungsvermögen mitbringt, wird durchaus belohnt mit einer guten Unterhaltung, die nicht nur an der Oberfläche bleibt, auch wenn es manchmal den Anschein hat, Rachel Joyce wisse nicht mehr genau, wo es langgeht. Aber sie weiß es, wie Harold Fry auch. Innerhalb einer mehrwöchigen Zeitspanne werden wir Zeuge eines Lebens, das mit all seinen Facetten so normal scheint und doch gleichzeitig so ungewöhnlich ist. Harold geht diesen Weg für sich, wie er anfangs betont, ohne zu ahnen welche Auswirkungen sein Tun auf seine unmittelbare Umwelt hat. Am Ende haben alle von seiner Anstrengung profitiert.

Das Buch war für mich eine erfrischende, mal zum Lachen aber auch zum Tränen wegwischende, Überraschung. Wer sich voll und ganz auf Harold und sein Leben einlassen kann, wird gut und rührend unterhalten. Für mich ein sommerlicher Büchertipp mit Tiefgang!

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Stewart O'Nan: „Alle, alle lieben dich“ TB
Kim steht kurz vor ihrem großen Traum: nach dem Sommer geht sie endlich aufs Kollege; kann der langweiligen, spießigen Kleinstadt, sowie ihrem Elternhaus entfliehen. Sie jobt in einem Schnellrestaurant und verbringt viel Zeit mit Freunden. Doch zur Verabredung zum Schwimmen am Fluss kommt sie nicht.
Das Verschwinden Kims führt zu einer Massenhysterie in der ganzen Stadt. Alle sind im Aufruhr. In hektischer Geschäftigkeit stürzt sich die Mutter in Suchaktionen unterstützt von ihrer Freundin, die sie in ihrem Tun immer mehr anheizt. Plakate werden gedruckt, Fernsehauftritte organisiert, während Kims Vater und Schwester leiden.
In diesem Krimi steht nicht der Betroffene im Vordergrund, ebenso wenig wie die Polizei, sondern das Umfeld des Geschehens. Wie geht wer mit der Situation um, wer weiß etwas, wer verschweigt wichtiges?
Während des gesamten Lesens beschlich mich ein irgendwie ungutes Gefühl, kein Gruseln oder rätseln wie ich es sonst kenne, sondern etwas Unterschwelliges, nicht Greifbares.
Es sind mehr die Sätze zwischen den Zeilen, die dieses Buch lesenswert machen. Das, was nicht gesagt wird, was jeder für sich zu behalten glaubt zu müssen. Am Ende muss sich der Leser wirklich fragen, um wen es eigentlich geht? Um jeden selbst scheint die Antwort.

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