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Mittwoch, 15. März 2017
Jan Christophersen „Schneetage“
liva, 15:28h
Ende der siebziger Jahre versinken große Teile Schleswig-Holsteins im Schneechaos. Und genau da setzt Jan Christophersens Geschichte an.
In einem kleinen Ort direkt an der Grenze zu Dänemark kämpft Jannis mit seiner Familie und den Dorfbewohnern gegen die Schneemassen an. Paul, Jannis Ziehvater, wird nach einem Zusammenbruch ins Krankenhaus eingeliefert. In diesem größten Chaos seit Jahren erinnert sich der junge Mann an die Vergangenheit. Erinnert sich, wie ihn vor vielen Jahren Pauls Frau, von ihm nur „Chefin“ genannt, in ihr Zuhause holt, in das einzige Wirtshaus im Ort. Damals, Paul war in den Fünfzigern gerade aus der Gefangenschaft heimgekehrt, schien die Kneipe finanziell am Ende. Doch Paul verhalf dem “Grenzkrug“ zu neuem Glanz und Ansehen. Mit viel Engagement und Geschäftssinn, dem Ausbau der angrenzenden Stallungen zu Ferienwohnungen und mit der Hilfe der ganzen Familie, kamen bald die ersten Gäste. Zunächst wurden viele Flüchtlinge aufgenommen, die wegen der unsicheren Grenzsituation nicht recht wussten wohin. Später, nachdem ein Maler für das Haus und den Ort die Werbetrommel rührte, kamen mit der Zeit immer mehr Besucher, die meisten von ihnen fortan jedes Jahr.
Und dann erinnert sich Jannis daran, wie Paul sich immer mehr von der Familie abzuwenden schien; wie plötzlich die Suche nach einer verschwundenen Insel im Watt, die vor mehr als 500 Jahren überflutet wurde, zu seinem Lebensmittelpunkt wurde. In einem Zimmer der Ferienwohnungen richtete Paul sich ein. Schuf sein eigenes kleines Museum mit Fundstücken aus dem Watt, mit Karten jeder einzelnen Hallig, die es vor der großen Flut in der Gegend noch gegeben hatte. Paul lebte in seiner eigene kleine Welt, die ihn bald zu überfordern drohte.
„Schon einmal gesehen, wie das ist, wenn ein Damm bricht? Wie zunächst nur eine Welle über die Krone leckt und schäumend auf der Rückseite herunterfließt? Sieht erst gar nicht so schlimm aus. Das wiederholt sich, immer wieder, bis der Deich durchgeweicht ist und das erste Stück herausbricht. Ich sage Ihnen, wenn man das sieht, versteht man, was es heißt, Angst zu haben.“ (Seite 330)
Sehr einfühlsam und ruhig erzählt der Autor vom Leben einer Familie, in der jedes Mitglied seinen Platz findet. In jeden einzelnen kann sich der Leser einfinden und schließt schnell alle in sein Herz. Und hinter der Familie Tamme beleuchtet Jan Christophersen sehr genau und nachvollziehbar die Grenzsituation zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark, in der bis heute noch eigene Gesetze gelten. Auch der Hintergrund der großen Flut, die viele Inseln in der Nordsee ertränkt hat ist sehr interessant und hat mich immer wieder dazu veranlasst, die Tatsachen dieses Teils deutscher Geschichte im Internet nachzulesen. Und wieder bin ich ein bisschen schlauer geworden!
Alles an diesem Roman ist außergewöhnlich: der Erzählstil, die Zeitsprünge, die anfangs zu viel Verwirrung gesorgt haben, die Figuren und der Bezug zur Realität. Man sollte nicht mit großen Begebenheiten und Ereignissen in diesem Roman rechnen. Der Autor bleibt sachte in seiner Sprache, drückt mehr im Schweigen als im Reden aus, beobachtet aus den Augen des Icherzählers Jannis und schafft eine geradezu bildhafte Atmosphäre, die vor meinem inneren Auge noch lange Bestand haben wird.
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In einem kleinen Ort direkt an der Grenze zu Dänemark kämpft Jannis mit seiner Familie und den Dorfbewohnern gegen die Schneemassen an. Paul, Jannis Ziehvater, wird nach einem Zusammenbruch ins Krankenhaus eingeliefert. In diesem größten Chaos seit Jahren erinnert sich der junge Mann an die Vergangenheit. Erinnert sich, wie ihn vor vielen Jahren Pauls Frau, von ihm nur „Chefin“ genannt, in ihr Zuhause holt, in das einzige Wirtshaus im Ort. Damals, Paul war in den Fünfzigern gerade aus der Gefangenschaft heimgekehrt, schien die Kneipe finanziell am Ende. Doch Paul verhalf dem “Grenzkrug“ zu neuem Glanz und Ansehen. Mit viel Engagement und Geschäftssinn, dem Ausbau der angrenzenden Stallungen zu Ferienwohnungen und mit der Hilfe der ganzen Familie, kamen bald die ersten Gäste. Zunächst wurden viele Flüchtlinge aufgenommen, die wegen der unsicheren Grenzsituation nicht recht wussten wohin. Später, nachdem ein Maler für das Haus und den Ort die Werbetrommel rührte, kamen mit der Zeit immer mehr Besucher, die meisten von ihnen fortan jedes Jahr.
Und dann erinnert sich Jannis daran, wie Paul sich immer mehr von der Familie abzuwenden schien; wie plötzlich die Suche nach einer verschwundenen Insel im Watt, die vor mehr als 500 Jahren überflutet wurde, zu seinem Lebensmittelpunkt wurde. In einem Zimmer der Ferienwohnungen richtete Paul sich ein. Schuf sein eigenes kleines Museum mit Fundstücken aus dem Watt, mit Karten jeder einzelnen Hallig, die es vor der großen Flut in der Gegend noch gegeben hatte. Paul lebte in seiner eigene kleine Welt, die ihn bald zu überfordern drohte.
„Schon einmal gesehen, wie das ist, wenn ein Damm bricht? Wie zunächst nur eine Welle über die Krone leckt und schäumend auf der Rückseite herunterfließt? Sieht erst gar nicht so schlimm aus. Das wiederholt sich, immer wieder, bis der Deich durchgeweicht ist und das erste Stück herausbricht. Ich sage Ihnen, wenn man das sieht, versteht man, was es heißt, Angst zu haben.“ (Seite 330)
Sehr einfühlsam und ruhig erzählt der Autor vom Leben einer Familie, in der jedes Mitglied seinen Platz findet. In jeden einzelnen kann sich der Leser einfinden und schließt schnell alle in sein Herz. Und hinter der Familie Tamme beleuchtet Jan Christophersen sehr genau und nachvollziehbar die Grenzsituation zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark, in der bis heute noch eigene Gesetze gelten. Auch der Hintergrund der großen Flut, die viele Inseln in der Nordsee ertränkt hat ist sehr interessant und hat mich immer wieder dazu veranlasst, die Tatsachen dieses Teils deutscher Geschichte im Internet nachzulesen. Und wieder bin ich ein bisschen schlauer geworden!
Alles an diesem Roman ist außergewöhnlich: der Erzählstil, die Zeitsprünge, die anfangs zu viel Verwirrung gesorgt haben, die Figuren und der Bezug zur Realität. Man sollte nicht mit großen Begebenheiten und Ereignissen in diesem Roman rechnen. Der Autor bleibt sachte in seiner Sprache, drückt mehr im Schweigen als im Reden aus, beobachtet aus den Augen des Icherzählers Jannis und schafft eine geradezu bildhafte Atmosphäre, die vor meinem inneren Auge noch lange Bestand haben wird.
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