Dienstag, 28. April 2015
Stephan Thome: „Gegenspiel“ Hörbuch
gelesen von Claudia Michelsen

In Stephan Thomes neuem Roman treffen wir die Protagonisten aus dem vorangegangenen Buch“ Fliehkräfte“ wieder: das Ehepaar Hartmut und Maria. In diesem widmete der Autor seine Aufmerksamkeit Hartmut. Dem zurückgelassenen Mann, dessen Frau sich nach langjähriger Ehe aus beruflichen Gründen für eine Fernbeziehung entscheidet. In „Gegenspiel“ lässt er nun Maria zu Wort kommen. Aus ihrer Sicht wird erzählt, wie sie in den siebziger Jahren ihr Heimatland Portugal und ihre streng katholische Familie verlässt. Eine Heimat, in der politische Unruhen nicht enden wollen. Schließlich geht sie nach Berlin und somit in ein Land, das keine Studiengebühren erhebt und in dem es für eine junge Frau möglich ist, sich selbstständig und unabhängig zu entwickeln.

Nach den wilden achtziger Jahren in der geteilten Stadt, in der sie den Grundstein ihrer beruflichen Zukunft legt, lernt Maria den egozentrischen Theaterregisseur Falk kennen, der auch später in ihrem Leben wieder eine Rolle spielen wird. Ihre angestrebte Unabhängigkeit verliert sie, als sie etwas später vom Freund einer Bekannten, Hartmut, schwanger wird und mit ihm ins Ruhrgebiet zieht. Überfordert mit dem frühen Muttersein flüchtet sie in eine kurze aber heftige Affäre. Als die Tochter erwachsen und Maria beruflich wieder auf eigenen Füßen steht, droht ihre Ehe zu zerrütten. Denn eines versäumen Maria und Hartmut in ihrer jahrzehntelangen Ehe: miteinander zu reden.

Das Buch beginnt mit einem handfesten Ehestreit, den sicher jeder, der in einer längeren Beziehung lebt, nachvollziehen kann. Augenscheinlich geht es um alltägliche Kleinigkeiten, in Wahrheit geht es um alles. Stephan Thome scheint zu wissen wovon er redet. Er weiß sich sprachlich auszudrücken, wählt immer die richtigen Worte und kann sich mühelos in die Seele einer Frau einfinden. Ein genialer Schachzug des Autors ist, eine ganz normale Liebes- und Lebensgeschichte zweier Menschen von beiden Seiten zu beleuchten. Wie im richtigen Leben, in dem jede Medaille ihre zwei Seiten hat.

Trotz einer deprimierenden und frustrierenden Geschichte, teilweise langatmigen Gesprächen der Figuren und des Umherspringen in den verschiedenen Zeitebenen ist es Stephan Thome ein zweites Mal gelungen, mich in seinen Bann zu ziehen. Das gelungene Vorlesen der Schauspielerin Claudia Michelsen ist ein weiterer Pluspunkt dieses Hörbuches.


Rezension „Fliehkräfte“:
http://buchlesetipp.blogger.de/stories/2241690

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