Dienstag, 2. Oktober 2018
Giuliano Musio / Manuel Kämpfer „Keinzigartiges Lexikon“
Im Blog „KulturStattBern“ der Schweizer Zeitung "Der Bund" wurden letztes Jahr in regelmäßigen Abständen diese schönen Texte veröffentlicht. Der Verlag Edition Taberna Kritika hat jetzt daraus ein feines broschiertes Büchlein herausgebracht.

Darin beschäftigt sich der Schriftsteller Giuliano Musio mit den kleinen aber bedeutungsschweren Worten, die aus unserer Sprache nicht mehr wegzudenken sind. Er stellt sie auf den Kopf, dreht sie um, hinterfragt deren Bedeutung und fügt gekonnt einen großen Spritzer trockenen Humors hinzu. So zum Beispiel macht er uns auf die Gefahren des bisher unterschätzten “Passivtrinkens“ aufmerksam, zeigt die Symptome des Passivalkoholikers auf. Des Weiteren versucht er aufzuklären, was es mit der Bedeutung des „Klitzegroß“ auf sich hat oder woran man den „Neunmaldoofen“ zum Beispiel in der Welt des Internets erkennt (dieser soll im Netz derzeit schon weit verbreitet sein – Anmerkung meinerseits). Verfeinert werden die kleinen Texte des Autors (dessen Debütroman “Scheinwerfen“ ich hier nochmals wärmstens empfehlen möchte) mit wunderschönen, detailreichen Illustrationen aus der Feder von Manuel Kämpfer. Die beiden scheinen ein unschlagbares Team zu sein im Spiel mit Sprache und deren bildliche Beschreibung.

Wenn man also nicht gerade zum Lachen in den Keller geht, ist das Büchlein ein wunderbares Vergnügen für die Unterhaltung zwischendurch. Ich werde es auf jeden Fall auf meine Liste der „Verschenkbücher“ setzen.

Zusätzliche Hinweise:

Giuliano Musio: “Scheinwerfen“
Verlagskonzept etk


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Donnerstag, 20. Dezember 2012
Gabriele Goettle: „Der Augenblick“
Die Journalistin Gabriele Goettle hat zusammen mit der Buchillustratorin und Autorin Elisabeth Kmölniger Gespräche mit 26 Frauen geführt. Diese Reportagen wurden zwischen 2007 und 2009 in der „taz“ bereits veröffentlicht und hier zu einem ungewöhnlichen Buch zusammengefasst.

Die Augenblicke, die Kapitel des Buches, beschäftigen sich mit ganz unterschiedlichen Menschen, ausschließlich Frauen. Jedes einzelne Interview beginnt mit einer kurzen Biographie. Danach erzählt die „Befragte“ aus ihrem Leben, was es ausmacht, was sie daraus macht und was ihr wichtig ist. Allen gemeinsam ist eine gute Schulbildung, ein hohes Maß an Eigeninitiative und Eigenverantwortung und eine meist akademische Laufbahn. Jede dieser Frauen ist beruflich wie privat selbständig und unabhängig. Jede definiert sich mehr oder weniger über ihren Beruf.

Goettle bietet unter anderem Einblick in so interessante Leben wie einer Körperhistorikerin, einer Präparatorin, einer Anwältin und einer Bienenforscherin. All diese Frauen engagieren sich in Beruf, politisch wie sozial und haben wirklich was zu erzählen. Und haben was zu sagen. Ein Querschnitt unserer Gesellschaft stellen diese allerdings nicht dar. So spricht Goettle hier leider nur eine bestimmte Klientel von Lesern an, was ich durchaus schade finde.

Auf der einen Seite ist es natürlich interessant unterschiedliche Milieus kennenzulernen, wie sie hier beschrieben sind. Spannend und authentisch erzählt. So verkehrt sich hier der Ausspruch „man legt das Buch nicht mehr aus der Hand“ –eine Beschreibung derer ich mich selbst bei Rezensionen oft bediene- ins Gegenteil. Ich legte es weg nach jedem Kapitel, weil ich nicht umhin kam, eine Weile über das Gelesene nachzudenken, über den eigenen Platz, das eigene Engagement und die eigenen Möglichkeiten die Welt mitzugestalten. Fast zu schade, um es alleine zu lesen, denn es bietet eine Menge Gesprächsstoff.

Auf der anderen Seite brauchen wir jetzt noch jemanden, der die alleinerziehende Hartz-4 Empfängerin interviewt, die sich in ihrer Jugend mit Prostitution ihren Drogenkonsum gesichert hat, den Müllmann, der die Schule frühzeitig abgebrochen hat, um seinen kranken Vater zu pflegen und die alleinstehende Altenpflegerin, die nach Feierabend nicht zu müde ist, noch zum Speeddating zu gehen. So würde ein Ganzes daraus!

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