Freitag, 17. Januar 2014
Zadie Smith „London NW“
London North West ist ein Stadtteil mit Menschen unterschiedlichster ethnischer Herkunft und Ausgangspunkt für eine Handvoll Menschen in Zadie Smith’s neuem Roman. In Episoden schildert sie deren Biographie.

Alle bringen die gleiche Voraussetzung mit, sich im Laufe ihres Lebens weiter zu entwickeln und so den Sozialwohnungen und dem Milieu des beengten Stadtteils zu entfliehen. Das gelingt nicht allen. Während Leah noch mit sich hadert, unzufrieden und Pot rauchend durch die Welt geht, scheint es Natalie geschafft zu haben. Sie lebt mit ihrem erfolgreichen Banker im eigenen Haus mit „perfekten Kindern“ in einem „perfekten Leben“. So scheint es. Jedoch tut Natalie alles dafür, ihre jamaikanische Herkunft und ihr Elternhaus zu verleugnen; denn als Leah sie im Alter von fünf Jahren kennengelernt hatte, hieß sie noch Keisha. Felix versucht nach wie vor trotz geltender Klassenunterschiede und Rassismus, die ihm täglich begegnen, sein eigenes Ding zu machen. Aus diesen scheinbar unabhängigen Lebensbildern, zu denen später auch Nathan stößt, ergibt sich bald ein Ganzes. Denn sie haben sich gekannt, früher, als Kinder und ihre Lebenswege werden sich nochmals kreuzen.

Keine Frage, dass Zadie Smith hier ein intelligentes, verstörendes Sozialdrama geschrieben hat. Die ganze Unzufriedenheit der Protagonisten, das fortwährende Nicht-zu-sich-selbst-kommen und die fehlende Authentizität sind allerdings kaum zu ertragen. Die Sprache der Autorin ist ungewohnt verbittert, aber auch modern und jung. Kurze unfertige Sätze und abgebrochene unvollständige Gedankenfetzen sind nicht immer nachzuvollziehen und machen das Lesen und Verstehen des Romans nicht einfach. Wie genau die einzelnen Figuren „ticken“ wird mehr zwischen den Zeilen klar und bedarf wenig äußerlicher Beschreibungen. Die Protagonisten und deren Lebensweise sind mir trotz der Intensität des Textes fremd geblieben. Einzig die bedrückende Atmosphäre hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

„London NW“ ist weniger Roman, vielmehr eine Abrechnung mit der Gesellschaft im Allgemeinen, der Politik, dem Leben und den Menschen darin. Für mich persönlich definitiv das falsche Buch zur falschen Zeit. Selten war ich nach einer Lektüre derart gefrustet und deprimiert, wie nach diesem Buch.

Empfehlen kann ich allerdings Zadie Smith’s Roman „Von der Schönheit“!

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