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Donnerstag, 20. August 2020
Giuliano Musio:“ Wirbellos“
liva, 18:21h
Schon als Kind hat Martin das Gefühl, dass sich etwas Dunkles in ihm ausbreitet, etwas Düsteres in ihm wächst. So beschreibt er es für sich selbst. Aber nicht nur das macht ihn anders und zum Einzelgänger. Seine Stimme ist für einen Jungen viel zu hoch, die kleinen Augen liegen ungewöhnlich weit auseinander und er kann nicht Lügen. Er ist auch nicht zur kleinsten Schummelei imstande. Selbst die Eltern wissen es auszunutzen. In der Schule wird er gemoppt und belächelt bis er Oskar kennenlernt. Oskar lügt, dass sich die Balken biegen, erzählt jedem was ihm gerade so einfällt, ist fröhlich und vor allem beliebt und bewundert. Eine ungewöhnliche Freundschaft also, die sich da entwickelt.
Als auch Jahre später sogar Martins Freundin dessen Naivität auszunutzen weiß, beschließt Oskar kurzerhand seinem Freund das Lügen beizubringen. Zögernd erst lässt sich Martin darauf ein. Als Spiel oder Prüfung verpackt, kommt es am Flussufer zu einem verheerenden Zwischenfall, der nicht nur Martins Leben verändern soll.
Das Lügen bis zur Perfektion gelernt, zieht Martin später nach Bern, nimmt eine Stelle in der Zentralsterilisation des Krankenhauses an. Der Umgang mit benutztem chirurgischem Besteck scheint das dunkle Gewächs in ihm noch zu beflügeln. In der Stadt stellt er einer etwas älteren Frau nach und schnell ahnen wir, dass er etwas im Schilde führt. So nehmen die Dinge ihren Lauf. Wie eine Schnecke ihre Schleimspur zieht Martin eine Spur der emotionalen Verwüstung hinter sich her und droht sich selbst zu verlieren.
Der künstlerischen Freiheit lässt Giuliano Musio wieder einmal freien Lauf, als könne er sich alles erlauben. Und was soll ich sagen: er kann! So holt er etwa das Mittelmeer direkt nach Bern, erzählt von Stränden, einem Hafen und auch einem Ozeaneum. Man vergnügt sich mit Delphin-Watching, Segeltouren und Flanieren auf der Promenade.
In diesem Setting siedelt der Autor seine Geschichte an, in der es an schrägen und skurrilen Figuren nicht mangelt. Kaum ein Autor amüsiert und überrascht mich mit seinen Erfindungen der Charaktere derart wie er. Aber nicht immer muss man sie mögen und selten sympathisiert man mit ihnen. Martin hat mich gehörig auf die Palme gebracht. Ich hätte ihn schütteln mögen, ohrfeigen und habe ihn wegen seines respektlosen Verhaltens geradezu verachtet. Aber ein Quäntchen Mitleid schwang immer mit.
Trotz dieses Sammelsuriums an Absurditäten, hält der Autor an diesem einen roten Faden fest, der uns am Ende nachdenklich macht. Der Kern dieser Geschichte ist ein sehr ernster, sodass einem beim Lesen ab und an das Lachen im Halse stecken bleibt. Genau diese Ambivalenz macht für mich die Bücher von Giuliano Musio so lesenswert.
Ebenfalls hier im Blog rezensiert:
Scheinwerfen
Keinzigartiges Lexikon
*
Als auch Jahre später sogar Martins Freundin dessen Naivität auszunutzen weiß, beschließt Oskar kurzerhand seinem Freund das Lügen beizubringen. Zögernd erst lässt sich Martin darauf ein. Als Spiel oder Prüfung verpackt, kommt es am Flussufer zu einem verheerenden Zwischenfall, der nicht nur Martins Leben verändern soll.
Das Lügen bis zur Perfektion gelernt, zieht Martin später nach Bern, nimmt eine Stelle in der Zentralsterilisation des Krankenhauses an. Der Umgang mit benutztem chirurgischem Besteck scheint das dunkle Gewächs in ihm noch zu beflügeln. In der Stadt stellt er einer etwas älteren Frau nach und schnell ahnen wir, dass er etwas im Schilde führt. So nehmen die Dinge ihren Lauf. Wie eine Schnecke ihre Schleimspur zieht Martin eine Spur der emotionalen Verwüstung hinter sich her und droht sich selbst zu verlieren.
Der künstlerischen Freiheit lässt Giuliano Musio wieder einmal freien Lauf, als könne er sich alles erlauben. Und was soll ich sagen: er kann! So holt er etwa das Mittelmeer direkt nach Bern, erzählt von Stränden, einem Hafen und auch einem Ozeaneum. Man vergnügt sich mit Delphin-Watching, Segeltouren und Flanieren auf der Promenade.
In diesem Setting siedelt der Autor seine Geschichte an, in der es an schrägen und skurrilen Figuren nicht mangelt. Kaum ein Autor amüsiert und überrascht mich mit seinen Erfindungen der Charaktere derart wie er. Aber nicht immer muss man sie mögen und selten sympathisiert man mit ihnen. Martin hat mich gehörig auf die Palme gebracht. Ich hätte ihn schütteln mögen, ohrfeigen und habe ihn wegen seines respektlosen Verhaltens geradezu verachtet. Aber ein Quäntchen Mitleid schwang immer mit.
Trotz dieses Sammelsuriums an Absurditäten, hält der Autor an diesem einen roten Faden fest, der uns am Ende nachdenklich macht. Der Kern dieser Geschichte ist ein sehr ernster, sodass einem beim Lesen ab und an das Lachen im Halse stecken bleibt. Genau diese Ambivalenz macht für mich die Bücher von Giuliano Musio so lesenswert.
Ebenfalls hier im Blog rezensiert:
Scheinwerfen
Keinzigartiges Lexikon
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