Dienstag, 26. Januar 2016
Philipp Tingler “Schöne Seelen“
In dieser Geschichte bewegen wir uns in einem erlauchten Personenkreis der Züricher Upper Class; Reichtum und Schönheit sind Pflicht. Da es an Geld nicht mangelt, wird dem äußeren Erscheinungsbild bei Bedarf chirurgisch auf die Sprünge geholfen. Man bedient sich der besten Haushaltshilfen, der angesagtesten Hairstylisten und dem trendigsten Raumausstatter. Events und Partys sind an der Tagesordnung, einzig um zu sehen und gesehen zu werden.

So sah auch das Leben der Mellvina van Runkle aus. Doch jetzt haucht sie, frisch geliftet und bebotoxt, den letzten Atem des Lebens in der besten Schönheitsklinik des Landes aus, nicht ohne vorher zu gestehen, dass ihre Tochter Mildred adoptiert ist. Diese erbt nach dem Tod der Mutter zwar Haus und Hof und ein beträchtliches Vermögen, doch an Liebe und Zuwendung fehlt es. Da ihre Ehe am Ende scheint, legt sie ihrem Mann Viktor nahe, er möge sich einer Therapie unterziehen, um sich seiner Gefühle und seines Verhaltens klar zu werden. Doch der sieht sich seiner Freiheit beraubt und bittet daher seinen besten Freund Oskar anstelle seiner die vielen Stunden zu absolvieren. Natürlich beim besten Therapeuten der Stadt.

Oskar, ein bekannter Schriftsteller und glücklich verheiratet, sieht darin eine Herausforderung und die Chance seinen Horizont zu erweitern und stimmt schließlich zu. Was in der Theorie eine einfach durchzuführende Idee scheint, entpuppt sich in der Praxis allerdings als schwieriges Unterfangen. Und bald kommt es in unserer so illustren Gesellschaft zu allerlei inneren und äußeren Irrungen und Wirrrungen.

Satire = Kunstgattung (Literatur, Karikatur, Film), die durch Übertreibung, Ironie und [beißenden] Spott an Personen, Ereignissen Kritik übt, sie der Lächerlichkeit preisgibt, Zustände anprangert, mit scharfem Witz geißelt (Wortbedeutung lt Duden)

Eine Satire, so würde ich Philipp Tinglers Roman nennen; voller spitzzüngigem Sarkasmus. Charaktere und die Handlung selbst sind derart überzeichnet, dass man sie nicht ganz ernst nehmen kann. Dennoch verbirgt sich ein tieferer Kern in allem. Der Autor bewegt sich sprachlich auf einem hohen intellektuellen Niveau, mit Fremdwörtern geradezu jonglierend. Da muss man nicht jeden Satz zur Gänze verstehen. Und doch wird am Ende die Aussage hinter alledem klar. Er zeigt eine Gesellschaft dessen inhaltsleeres Dasein alles entbehrt was ein Leben ausmacht. Am Ende kann man als Leser froh sein, nicht mit dem goldenen Löffel im Mund geboren zu sein, und sieht vielleicht die eine oder andere Hürde auf dem eigenen Weg etwas gelassener.

Gelungene Unterhaltung, witzig und intelligent.

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