Donnerstag, 22. Dezember 2016
Mein ganz persönlicher literarischer Jahresrückblick 2016
Die Zeit der Jahresrückblicke ist gekommen, und da Hinz und Kunz sich über die letzten zwölf Monate auslassen und über die größten Emotionen, die schrecklichsten Katastrophen und die erfolgreichsten Sportler berichten, dachte ich mir, mach ich das doch auch und erzähle von meinen literarischen Eindrücken.

Bei all dem Gelesenen und Gehörten ist es natürlich schwer ein Ranking durchzuführen, aber würde man mich dazu zwingen, was ja niemand tut, käme ich zu folgendem Ergebnis:

Das beste Hörbuch in diesem Jahr war mit Abstand, und das kann ich ganz klar sagen, Friedrich Ani “Der namenlose Tag“. In meiner Kategorie Romane entscheide ich mich für Monika Zeiner “Die Ordnung der Sterne über Como“. Dennoch soll auch „Widerfahrnis“ von Bodo Kirchhoff und “Schöne Seelen“ von Philipp Tingeler nicht unerwähnt bleiben. Im Krimigenre hatte ich in diesem Jahr leider kein gutes Händchen, von Friedrich Ani mal abgesehen. Da ist es schwer gegen das Jahr 2015 mit Oliver Bottini und Jan Seghers anzukommen. Am ehesten würde ich da Christoffer Carlsson “Der Turm der toten Seelen“ nennen, wobei selbst dieser keinem Vergleich zu den gelesenen Krimis im Vorjahr standhalten kann.

Für erwähnenswert halte ich außerdem, dass sich der Todestag des Dichters William Shakespeare zum 400. Mal gejährt hat, dass der so von mir geschätzte Autor Bodo Kirchhoff den Deutschen Buchpreis 2016 gewann, Bob Dylan den Nobelpreis für Literatur bekam. Besonders bestürzt war ich über die Nachricht, dass die Autorin Felicitas Mayall bereits im Sommer verstorben ist, deren Krimis ich sehr mag.

Doch bei all dieser Zurückblickerei möchte ich auch nach vorne schauen und beschließe hiermit, mich im nächsten Jahr wieder mehr Mord und Totschlag zu widmen. Literarisch natürlich!


*

... link (0 Kommentare)   ... comment


Montag, 5. Dezember 2016
Drüber gelesen: Verfilmung “Der namenlose Tag“
In einem Post bei Facebook habe ich jetzt gelesen, dass der Roman von Friedrich Ani “Der namenlose Tag“ verfilmt werden soll. Erst kürzlich habe ich mir diesen Krimi als Hörbuch auf die Ohren gegeben und war restlos begeistert. Laut Thüringischer Landeszeitung soll man sich dafür Volker Schlöndorff ins Boot geholt haben. Gedreht wird in der schönen Stadt Erfurt. Für die Rolle des Kriminalkommissars a.D. Franck ist der brillante und äußerst charismatische Schauspieler Thomas Thieme vorgesehen. Der Autor Friedrich Ani, aus dessen Feder bereits einige Krimis des Münchner Tatorts entspringen, hat mit seinem letzten Roman einen atmosphärischen Kriminalfall geschrieben. Sollte der Film nur halb so gut werden wie die Buchvorlage, wird er bestimmt ein Erfolg.

Ein bisschen Geduld müssen wir allerdings noch haben, denn laut besagten Artikel beginnen die Dreharbeiten erst im Februar 2017.

Also ich freu mich drauf!

Friedrich Ani “Der namenlose Tag“

*

... link (4 Kommentare)   ... comment


Dienstag, 29. November 2016
Isabel Allende „Der japanische Liebhaber“ Hörbuch
gelesen von Barbara Auer

Alma Belasco wird in den dreißiger Jahren aus Furcht vor den Nationalsozialisten von ihren Eltern ins ferne Amerika geschickt. Dort, bei den reichen Verwandten, soll es dem Kind an nichts fehlen. Da ihr Bruder Samuel bereits als verschollen gilt, wollen sie Alma in Sicherheit wissen. Sie selbst ahnen nicht, welches Schicksal ihnen schon bald zuteilwerden wird. Zunächst fühlt sich das junge Mädchen fremd und einsam bis es Freundschaft mit ihrem Cousin und dem Sohn des Gärtners schließt.

Das ist der Beginn der Geschichte, den Alma viele Jahrzehnte später ihrer Betreuerin Irina erzählt. Als über 80-jährige Frau lebt sie mittlerweile in einem Seniorenheim in der Nähe von San Francisco in eigenem Apartment. An Geld und Lebenslust scheint es ihr nicht zu mangeln. Irina hingegen kommt aus zerrütteten Verhältnissen und ist froh bei Alma Belasco eine Tätigkeit zu finden. Zunächst schüchtern und unsicher entwickelt sich bald eine warme intensive Freundschaft zwischen den beiden ungleichen Frauen. Als Alma regelmäßig mysteriöse Briefe erhält und anschließend für Stunden oder Tage das Heim verlässt, wird Irina neugierig. Welches Geheimnis trägt die alte Dame mit sich? Dann beginnt Alma ihrer Freundin aus ihrem langen Leben zu erzählen und ahnt nicht, dass auch diese ein schweres Schicksal trägt.

Die große Autorin Isabel Allende packt eine Unzahl an Themen in diesen kleinen Roman. Sie alle hier aufzuzählen wäre mühsam und vorgegriffen. Aber es sind eindeutig zu viele. Sprachlich allerdings wird der Leser mit schönen intelligenten Sätzen belohnt. Das ist wahrlich ein Genuss! An einer solchen Ausdrucksweise erkennt man die großen Schreiber unter den Autoren. Die Charaktere wie die Erzählung selbst bleiben allerdings oberflächlich und dünn. Da hatte ich leider mehr erwartet. Die Lesart der Schauspielerin Barbara Auer war für mich wider erwartend unangenehm und ihre Betonungen oft unpassend. Sie gab dem Ganzen einen zu sentimentalen und schnulzigen Charakter.

Dennoch: meine Kritik an diesem Roman möchte ich als Jammern auf hohem Niveau verstanden wissen. Im Vergleich zu vielen anderen Büchern, die ich in letzter Zeit gelesen bzw. gehört habe, bekam ich hier gute kurzweilige Unterhaltung!


*

... link (0 Kommentare)   ... comment


Samstag, 12. November 2016
Joachim Meyerhoff „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“
Im zweiten Band seines autobiografischen Romans und somit Nachfolgers von Alle Toten fliegen hoch – Amerika beschreibt Joachim Meyerhoff seine Kindheitsjahre. Inmitten des Geländes einer psychiatrischen Klinik lebt er mit seinen Eltern und zwei älteren Brüdern; sein Vater, als Leiter der Anstalt, ist ein angesehener Arzt.

Zum Inhalt des Buches lässt sich eigentlich nicht viel mehr sagen, denn der Schreiber, Autor möchte ich ihn noch nicht einmal nennen, reiht hier wieder ein Anekdötchen ans andere, scheinbar alles, was ihm gerade so einfällt. Und so besteht dieser Roman aus einzelnen voneinander unabhängigen Geschichtchen. Um diese etwas interessanter zu gestalten, wird wohl, wie ich glaube, dass eine oder andere dazu erfunden, denn manches wirkt derart unglaubwürdig, dass man sich die Haare raufen möchte.

Jeglicher Versuch mit kleinen Slapstick ähnlichen Einlagen das ganze witziger zu machen, geht hier vollkommen in die Hose. Die Sprache wirkt aufgesetzt bemüht und allzu erzwungen. Hier fehlt Leichtigkeit und lockeres Erzählen. Der Schreiber ist emsig darin, Dinge und Situationen mit einem Wust von Adjektiven zu beschreiben und überfrachtet damit jeden einzelnen Satz. Auch bildhaftes Schreiben zählt nicht zu Meyerhoffs Stärken. Viele diese Schilderungen sind kaum nach zu vollziehen.

Es mag an mir persönlich liegen, dass mich gerade das, was mir am ersten Teil noch unterhaltsam vorkam, mich jetzt unendlich genervt hat und mir keinerlei Lesespaß bereiten konnte. Oder aber daran, dass hier ein Schauspieler seinen Namen nutzt, um einen weiteren Roman zu verkaufen. Ihm fehlt meiner Meinung nach jegliches Gespür für Menschen und Situationen.

Der großen Lobhudelei, die ich im Internet bezüglich dieses Buches gefunden habe, kann ich mich hier leider nicht anschließen! Da möge sich bitte jeder selbst ein Bild machen!


*

... link (0 Kommentare)   ... comment


Dienstag, 25. Oktober 2016
Judith W.Taschler „Bleiben“
Die Wege von vier Personen kreuzen sich in der einen oder anderen Weise in Wien. Sie sind aber keine Fremden, denn vor zwanzig Jahren sind sie sich bei einer Zugfahrt nach Rom begegnet. Durch lediglich ein paar kurzen Gesprächen, die gemeinsame Zeit sich gegenüber sitzend im Abteil und einem schnellen Schnappschuss auf dem Bahnsteig sind alle nur flüchtige Bekannte geblieben. Bis jetzt, im Jahr 2015, werden sie verschiedene Ereignisse wieder zusammenführen.

Alle haben sich weiterentwickelt, sind ihren privaten und beruflichen Zielen mehr oder weniger gefolgt, haben sich in Beruf oder Kunst verwirklicht, sind um die Welt gereist, haben Familien gegründet oder auch als Single mehr oder weniger in den Tag hinein gelebt. Von jedem einzelnen erfahren wir aus dessen Leben, wie sie dorthin gelangt sind in der Zeitspanne zwischen Zugfahrt und Gegenwart. Alle scheinen sich in ihrem Leben eingerichtet zu haben, aber nicht alle können bleiben in diesem Leben.

Der Roman ist fast wie ein Kammerspiel angelegt. Innerhalb neun Monaten des Wiedersehens dieser so unterschiedlichen Menschen erzählt jeder von ihnen einem imaginären Freund, bzw. Freundin, aus dieser Zeit. Die Perspektiven zwischen den Personen und den einzelnen Monaten im Jahr 2015 sind wild durcheinandergewürfelt, was mindestens bis zur Hälfte des Buches zu viel Verwirrung, zu wiederholtem Zurückblättern und Chaos im Kopf des Lesers führt. Wie ein Knobelspiel aus der Zeitung muss man sich die einzelnen Leben zusammensetzen. Sprachlich eher kühl und sachlich bleiben die Persönlichkeiten der Protagonisten doch sehr oberflächlich. Man wird mit keinem der Charaktere so richtig warm. Gefühle bleiben schwarze Worte auf weißem Papier und haben mich beim Lesen nicht im Geringsten berührt.

Fast gewinnt man den Eindruck, als habe die Autorin ihr Hauptmerkmal auf Struktur und Ausrichtung des Romans gelegt, und weniger auf den Inhalt. Denn der bleibt bei diesem ganzen Durcheinander leicht auf der Strecke.

Hier ist meiner Meinung nach aus einer guten Idee und das Schreiben mit außergewöhnlicher Perspektive eine eher schleppende Geschichte geworden. Schade eigentlich!


*

... link (0 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 18. September 2016
Stewart O'Nan „Abschied von Chautauqua“
Emily‘s Mann Henry ist vor ein paar Monaten gestorben. Ein langes erfülltes Leben haben sie miteinander geteilt, zwei Kinder großgezogen und die Sommer stets in ihrem Haus am Chautauqua-See, südlich den Niagarafällen, verlebt. Das Haus steht bereits zum Verkauf, und so lädt Emily die ganze Familie mit Kind und Kegel noch ein letztes Mal ins Sommerhaus ein. Auch Henrys Schwester ist mit von der Partie.

Eine ganze Woche lang will die Familie den Abschied von Chautauqua zelebrieren. Während die Tage für Emily selbst eine nostalgische Reise in die Vergangenheit sind, in der sie alle Plätze noch einmal aufsucht, an denen sie mit ihrem Henry so glücklich war, ist in der Familie jeder einzelne mit seinen eigenen Angelegenheiten und Sorgen beschäftigt. Sogar jedes der Kinder hat bereits sein Päckchen zu tragen. Vordergründig erlebt die Familie fröhliche Tage beim Bootsfahren, Golfspielen, gemeinsamen Kochen und Abenden auf der Veranda. Hinter der Familienidylle allerdings schlummert so das eine oder andere Geheimnis, was der eine nicht vom anderen weiß oder wissen soll. An jedem einzelnen Tag entfernt sich die Familie ein bisschen mehr von ihrem Sommerdomizil, indem Möbel und Besitztümer möglichst gerecht verteilt werden und Vorbereitungen für die letzte Abreise getroffen werden. Aber auch mit jedem Tag kommen sich die einzelnen Mitglieder ein wenig näher.

Erscheint auch die Fülle an Problemen der Maxwells zunächst überladen, so bleiben die Figuren doch in sich stimmig und authentisch. Aus der Sicht eines jeden wechselt die Perspektive und so weiß der Leser jederzeit, was in jedermann so vor sich geht. Lediglich den anderen Familienmitgliedern bleibt das Innere des Gegenübers größtenteils verborgen. Der Autor nimmt sich die Tage einzeln vor und beschreibt sie in einer Ausführlichkeit, dass man das Gefühl hat, sie selbst mitzuerleben.

Stewart O'Nan hat hier keine Geschichte geschrieben, die einen spektakulären Anfang und ein fulminantes Ende hat, vielmehr nimmt er einen kleinen Ausschnitt aus dem Leben einer ganz normalen Familie und beleuchtet diesen überaus genau. Auch nach dem Beenden des umfangreichen Romans ist man sicher, dass irgendwo da draußen in der wirklichen Welt das Leben der Familie Maxwell weitergeht. Die zahlreichen Charaktere bieten dem Leser eine enorme Fläche für Interpretation sowie persönliche Identifizierung mit sich selbst und der eigenen Familie.

Einfach ein Stück normales Leben, was hier beschrieben wird und nicht weniger unterhaltsam als der spannendste Krimi!

Ebenfalls hier rezensiert:

Stewart O'Nan: „Alle, alle lieben dich“


*

... link (0 Kommentare)   ... comment


Donnerstag, 1. September 2016
Bodo Kirchhoff: „Widerfahrnis“
Zwei Menschen, die sich zunächst gänzlich fremd sind, reisen in einem kleinen Auto Richtung Süden. Wie ist es wohl dazu gekommen? Folgendermaßen:
Leonie Palm, ehemalige Besitzerin eines Hutladens steht eines Abends unvermittelt vor Julius Reithers Tür. Er, früherer Inhaber eines Verlags, bittet sie herein und das eher karge Gespräch entwickelt sich zu der Idee, mitten in der Nacht mit ihrem Cabrio einen Ausflug zu machen. Bis zum Sonnenaufgang soll gefahren werden. Allmählich, fast nebenbei, kommen sich die beiden näher.

Als Leser werden wir mit hineingezogen in diese Erzählung. Sitzen mit im Auto und werden Zeuge dieses Näherkommens der Protagonisten auf dem Weg zwischen Bozen und Bari; sind ganz nah dabei, wenn aus einem „Allein-Sein“ ein “Zu-zweit-Sein“ wird; aus der Mitreisenden eine Freundin und aus dem kalten Deutschland ein bereits warmes Italien. Doch auch diese Liebesgeschichte, wenn man sie denn so nennen will, wird überschattet vom Leben selbst, von der Welt und der Gesellschaft, wie sie sich momentan zeigt. Bodo Kirchhoff kommt nicht umhin, seine beiden durch die Lande reisen zu lassen, ohne den immer größer werdenden Strom Flüchtlinge in die Geschichte einzubringen. Und so nimmt die Reise ihren Lauf.

Sprachlich bleibt der Autor bei seinem gewohnten Stil: einem “kirchhoffisch“, wie ich es gerne nenne. Da kann auch mal auf kleine Worte verzichtet werden, ohne dass das Gesagte an Bedeutung verliert. Ein zwischendurch sparsames Erzählen löst ab und an ausführliche Beschreibungen ab, ohne Tiefgründigkeit einzubüßen. Auch in diesem Buch von Bodo Kirchhoff finden sich Sätze, wie nur er sie schreibt; Figuren, die anfangs nicht leicht zu durchschauen sind und die auch der Leser noch kennenlernen muss. Und immer schwingt in allem eine geradezu melancholische Stimmung!

Seit Kirchhoffs letzten beiden Romanen, auf deren Rezensionen ich am Ende verweisen werde, bin ich regelrechter Fan von diesem Autor geworden. Und ich wurde ein weiteres Mal nicht enttäuscht.

Mit diesem Titel ist Bodo Kirchhoff in diesem Jahr für den Deutschen Buchpreis 2016 nominiert!

Ebenfalls in diesem Blog rezensiert:
Bodo Kirchhoff: „Verlangen und Melancholie”
Bodo Kirchhoff „Die Liebe in groben Zügen“


*

... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 24. August 2016
Rafael Chirbes „Paris-Austerlitz“
Zu Beginn des Romans liegt Michel, der Freund und ehemalige Liebhaber des Ich-Erzählers, von schwerer Krankheit gezeichnet bereits in einem Hospital in der Nähe von Paris. Von ihrer beider Beziehung ist nur mehr eine Art Hassliebe geblieben und die Erinnerung an sehr lebendige Zeiten.

Vor vielen Jahren hat der junge spanische Künstler seine Heimat Madrid verlassen, um in Paris seine Malerei voranzubringen aber auch um seiner eher konservativen Familie zu entfliehen. Im Nachbarland angekommen trifft er Michel und verliebt sich in den so viel älteren Mann. Beide unterscheidet nicht nur das Alter, sondern auch die soziale Herkunft. Während der eine aus gut situierten Verhältnissen stammt, hält sich Michel mit Jobs in der Fabrik über Wasser. Da der junge Maler zunächst ohne Geld und Arbeit ist, entsteht zwischen beiden bald eine nahezu symbiotische Beziehung, eine gegenseitige Abhängigkeit, die recht schnell zum Überdruss führt. Doch zuvor verlebt das Liebespaar ausschweifende Wochen mit zu viel Alkohol, Drogen und hemmungslosem Sex.

Chirbes beschreibt die Verbindung eines ungleichen Paares zwischen Liebe und Obsession ungeschönt und direkt. Der manchmal harschen und groben Ausdrucksweise, bei der der Autor kein Blatt vor den Mund nimmt, steht die durchaus poetische Sprache mit viel Gefühl gegenüber. Die Geschichte wird nicht chronologisch erzählt, sondern der Ich-Erzähler springt in Gedanken zu einzelnen Begebenheiten. Nicht zuletzt dadurch werden die Unterschiede der beiden Männer spürbar.

Die wenigen Seiten des dünnen Buches sind schnell gelesen, doch der atmosphärische Sog, in den man beim Lesen hineingezogen wird, wirkt noch lange nach. Der vermutlich letzte Roman Rafael Chirbes‘ wurde posthum veröffentlicht. Der spanische Autor starb bereits im Herbst des letzten Jahres. Leider “begegnet“ man manchen Menschen zu spät im Leben, denn zuvor hatte ich von diesem Schriftsteller noch nie gehört. Aber es ist nicht zu spät die früheren Werke Rafael Chirbes‘ noch zu lesen.

Ein trauriges Buch, eine traurige Geschichte, dennoch nicht weniger wert unbedingt gelesen zu werden!


Mehr zu diesem Autor :

https://de.wikipedia.org/wiki/Rafael_Chirbes


*

... link (0 Kommentare)   ... comment


Donnerstag, 11. August 2016
Monika Zeiner “Die Ordnung der Sterne über Como“
Wenn wir als Leser Tom Holler, dem Protagonisten des Romans, begegnen, befindet er sich gerade in einem recht desolaten Zustand. Er ist desillusioniert, trinkt zu viel, ist frustriert und steht kurz vor der Scheidung. Und obwohl er mit seinem Jazz Ensemble als Pianist seit ein paar Jahren kleine Erfolge verzeichnen kann, möchte er am liebsten alles hinschmeißen und seinem jämmerlichen Dasein ein Ende setzen. Doch gerade mitten in seiner tiefsten Melancholie ruft Betty an. Seine Betty, seine große Liebe.

Sie lebt seit Jahren in Italien und hat eine Ankündigung eines Konzerts in Neapel seiner Band zufällig entdeckt. Sie freue sich auf ein Wiedersehen. Gepusht von diesem neu aufflammenden Gefühl erfährt Tom neue Kraft um weiterzumachen und die Erinnerungen an vergangene Zeiten sind plötzlich allgegenwärtig. Erinnerungen an eine Zeit, als Marc und er beste Freunde waren. Zwei kreative Köpfe, die sich blind verstanden, gemeinsam komponierten und musizierten und das eine oder andere philosophische Gespräch führten. Beide waren Denker, hinterfragten sich selbst und die Welt.

„Und immer wieder dachte er einen einzigen Gedanken, nämlich dass das Leben aber wirklich komisch sein kann. Das Leben ist echt die allerkomischste Angelegenheit auf der ganzen Welt, dachte er…….“ (Zitat Seite 32)

Und dann stieß Betty zu ihnen und schien das Trio perfekt zu machen. Und dann kam da die eine Nacht unter dem Sternenhimmel in Como, die plötzlich alles veränderte.

Monika Zeiner wechselt ihre Perspektiven zwischen Tom Holler und Betty Morgenthal, zwischen Berlin und Neapel. Während sie sich in der Gegenwart langsam annähern, werden wir Zeuge davon, wie sie sich in der Vergangenheit voneinander entfernten. als Leser lernen wir alle drei Figuren allmählich Seite für Seite etwas besser kennen.

Die Art wie die Autorin schreibt ist einfach unglaublich! Ihre Sprache so emotional und poetisch, dass ich mir viele Sätze mehrfach durchgelesen habe. Wie ein Stück Schokolade lässt man sich Satz um Satz auf der Zunge zergehen und schmilzt am Ende selber dahin. So schwülstig sich das jetzt auch anhören mag! Hier ist mal wieder das große Thema Liebe so eindringlich in Worte gefasst, wie man es besser selbst nicht hätte ausdrücken können; Interaktionen zwischen Menschen so mitfühlend beschrieben, dass es auch den Abgebrühtesten unter uns berühren wird. Dafür gebe ich meine Garantie!

Ich habe viele Wochen an diesem Buch gelesen, und das nur aus dem einzigen Grund: ich wollte nicht, dass es zu Ende ist. Nur zu gerne, und das kommt bei mir wirklich selten vor, hätte ich diesen Roman beim Beenden des letzten Satzes einfach noch einmal von vorne zu lesen begonnen

Für mich das schönste Buch des Jahres!


*

... link (0 Kommentare)   ... comment


Besucherzähler Für Homepage