Freitag, 30. November 2012
Drüber gelacht: Loriot zum Advent
Übermorgen beginnt sie also, die besinnliche Zeit. Im Stillen bin ich ein Bewunderer all derer, für die das wirklich so zutrifft. Die sich frei machen von Kommerz und Hektik, von Vorbereitungsstress für Familienfeiern und vom Weihnachtsmarkthopping. Vielleicht gibt es sie wirklich, die Menschen, die diese Zeit als besinnlich empfinden. Die beneide ich.
Denn mir will es einfach nicht recht gelingen, das mit der Besinnlichkeit. Draußen ist's trübe und dunkel, ich werde zugeschüttet mit Spendenaufrufen (die natürlich wichtig sind, allerdings nicht nur zu Weihnachten), überall Howhowhows der Weihnachtsmänner, glitzernde Werbung im TV für Parfüm, Spielzeug und Manschettenknöpfe, Geruch von fettigem Essen auf dem nächsten Weihnachtsmarkt und Betrunkene, die sich am Glühwein gütlich getan haben.

Um aber nicht ganz zur Spaßbremse zu mutieren, habe ich beschlossen, das Ganze mit Humor zu nehmen und mich mal ordentlich auf die Adventszeit und Weihnachten zu belachen. Und das geht am besten mit diesem garstigen Gedicht von Loriot:

ADVENT
(aus: LORIOTs HEILE WELT, Diogenes/
Loriot, alias Vicco von Bülow)

Es blaut die Nacht, die Sternlein blinken,
Schneeflöcklein leis herniedersinken.
Auf Edelmännleins grünem Wipfel
Häuft sich ein kleiner weißer Zipfel.
Und dort vom Fenster her zerbricht
Den dunklen Tann ein warmes Licht.
Im Forsthaus kniet bei Kerzenschimmer
Die Försterin im Herrenzimmer.
In dieser wunderschönen Nacht
Hat sie den Förster umgebracht.
Er war ihr bei des Heimes Pflege
Seit langer Zeit schon sehr im Wege.
So kam sie mit sich überein:
Am Niklasabend muss es sein.
Und als das Rehlein ging zur Ruh,
das Häslein tat die Augen zu,
erlegte sie direkt von vorn
den Gatten über Kimm und Korn.
Vom Knall geweckt rümpft nur der Hase
Zwei-, drei-, viermal die Schnuppernase
Und ruhet weiter süß im Dunkeln,
derweil die Sternlein traulich funkeln.
Und in der guten Stube drinnen
Da läuft des Försters Blut von hinnen.
Nun muss die Försterin sich eilen,
den Gatten sauber zu zerteilen.
Schnell hat sie ihn bis auf die Knochen
Nach Waidmanns Sitte aufgebrochen.
Voll Sorgfalt legt sie Glied auf Glied
(was der Gemahl bisher vermied)-,
behält ein Teil Filet zurück
als festtägliches Bratenstück
und packt zum Schluss, es geht auf vier,
die Reste in Geschenkpapier.
Da tönts von fern wie Silberschellen,
im Dorfe hört man Hunde bellen.
Wer ist’s, der in so tiefer Nacht
Im Schnee noch seine Runde macht?
Knecht Ruprecht kommt mit goldnem Schlitten
Auf einem Hirsch herangeritten!
„He, gute Frau; habt ihr noch Sachen,
die armen Menschen Freude machen?“
Des Försters Haus ist tief verschneit,
doch seine Frau steht schon bereit:
„Die sechs Pakete heil’ger Mann,
‚s ist alles was ich geben kann.“
Die Silberschellen klingen leise,
Knecht Ruprecht macht sich auf die Reise.
Im Försterhaus die Kerze brennt,
ein Sternlein blinkt – es ist Advent.

Allen einen schönen Advent!

... link (1 Kommentar)   ... comment


Besucherzähler Für Homepage